Dienstag, 26. Oktober 2010

"Die Multikulti-Illusion war in Berlin immer besonders stark"

 Ausländer und Deutsche in Berlin von 1996-2008

Heute gab Innenminister Thomas de Maizière (CDU) im Tagesspiegel ein Interview, wo er unter anderem besondere Integrationsprobleme in Berlin einer Politik unterstellte, die durch eine rot-grüne "Multikulti-Illusion" geprägt wäre.

Ende 1970 gab es in West-Berlin 129.000 Ausländer, bei 1,996 Millionen Deutschen (aus dem Spiegel von 1971). 10 Jahre später, 1980 gab es etwa 200.000 Ausländer in Berlin, darunter die Hälfte davon Türken. (aus dem Spiegel von 1980 - übrigens: interessant sich mal die Integrationsartikel vergangener Jahrzehnte anzuschauen). Leider fand ich keine kontinuierlichen Ausländerstatistiken für Berlin seit 50 Jahren. Ansonsten siehe oben in der Grafik die konstante Zahl von knapp unter 500.000 Ausländern seit 15 Jahren.

Ich glaube, de Maizière hat da etwas vergessen:


Welche Partei stellte die Regierungsverantwortung in Berlin seit 1971:

SPD, SPD, SPD, SPD, CDU, CDU, CDU, CDU, CDU, CDU, CDU, CDU, CDU, CDU, CDU, CDU, CDU, CDU, SPD-AL, CDU, CDU, CDU, CDU, CDU, CDU, CDU, CDU, CDU, CDU, CDU, SPD-Grüne,  SPD, SPD, SPD, SPD, SPD, SPD, SPD, SPD.

Inzwischen ist es offenbar auch bei mehr Journalisten in der FAZ durchgedrungen, welches die wirklichen Ursachen sind, denn sie fragen immerhin: "Wenn inzwischen sogar Migranten aus Migrantenvierteln wegziehen, ist Integration vielleicht gar kein ethnisches Problem, sondern ein soziales."

In dem Artikel werden auch einige der vergangenen Politikversäumnisse angeschnitten, und das hat unter anderem auch die CDU maßgeblich zu verantworten, daran sollte sich de Maizière mal erinnern!

Neu war bei meiner Recherche übrigens folgendes:

1967 Die Zahl der Fortzüge liegt höher als die der Zuzüge von Gastarbeitern.
1974 Die Zahl der Fortzüge liegt höher als die der Zuzüge. (...)
aus: Zeitstrahl des Bundesministeriums des Inneren
 
Ich dachte bislang, dass nur in den 2000ern das Verhältnis von Zuzügen und Abwanderungen sich umkehrte. Das es teilweise vorher schon mal solche Jahre gab, war mir neu.


(Bildquelle: Statistisches Bundesamt)

5 Kommentare:

  1. Ich kann diese rechte Begriffserfindung "Multi-Kulti" und "Gut-Menschen" nicht mehr hören. Viele rechte Dorftrottel diese Begriffe mit einem Argument gleich. Wobei mir der Gewinn aus mehreren Kulturen viel lieber ist, als dass alle Bockwurst essen und lieber bin ich ein guter Menschen als ein Böser.

    Herr Maizière sollte sich mal die Grundsatzprogamme der Grünen von 1980 und 2002 anschauen.

    Die Grünen waren die ersten, die Integration und Parallelgesellschaften angesprochen haben.

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  2. Das ist richtig. Die Grünen waren die ersten. Komischerweise habe ich noch niemanden im TV sagen hören, dass vielleicht deren Höhenflug seit einigen Monaten nicht nur mit Stuttgart 21, mit AKW-Verlängerung, etc. sondern vielleicht auch mit Bildungs- und Integrationskompetenz zusammenhängt?
    Immerhin forderten doch viele Grüne, soweit ich mich erinnere, etliche Konsequenzen die Sarrazin in seinem Buch auch fordert, wie Ganztagsschulen, ausreichend Kita-Plätze, usw. schon seit Jahren. Vielleicht erinnern sich einige der Umfrageteilnehmer ja daran...

    Andererseits gab (!) es natürlich auch die "Grüne Brille", die Integrationsprobleme gerne übersehen wollte, verharmloste, Gegenmaßnahmen diffamierte ("Zwangsgermanisierung", usw.)...

    Ich prognostiziere, dass die einzige "Diaspora" von nennenswerter Besiedlungsdichte - Kreuzberg in Berlin, auch genannt als Klein-Istanbul - obwohl dort immer noch mehrheitlich Deutsche wohnen, in einigen Jahren bis Jahrzehnten, ein ebensolches Reiseziel darstellt, wie Little Italy oder Chinatown, Little Soul, usw. in New York, San Francisco, usw.

    Schon heute gibt es Touristenführungen durch diesen Stadtteil mit eigenem Charakter.

    Ich glaube, wenn ich wieder gesund bin, werde ich mich mal der Verbesserung der Kommentarfunktion widmen.

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  3. Was habe ich gerade gesagt? Ich habe den Kommentar schon abgesandt, obwohl ich noch was einzufügen vergessen hatte, und ich kann offenbar meinen alten Comment nicht mehr editieren.

    Ich wollte noch einen Begriff, den ich bislang nicht kannte in die Runde werden: Migrahigru
    Oder auch Migrahu
    Heute gefunden im Blog von Jörg Lau von der ZEIT:
    http://blog.zeit.de/joerglau/2010/10/27/migrahigru_4294

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  4. Ich finde es sehr wichtig, was du hier schreibst. Finde die fremdenfeindliche und vor allem Islam-feindliche Stimmungsmache hierzulande sehr besorgniserregend. Selbst wenn ich den Politikern "nur" machtpolitisches Kalkül unterstelle - bei Aussagen wie "Multikulti ist gescheitert" bekomme ich eine Gänsehaut. Halbwegs intelligente Menschen sollten doch wissen, in welch gefährliches Fahrwasser sie sich da begeben.

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  5. Bin ganz deiner Meinung. Was mich besonders ärgert, ist einerseits, wenn Journalisten nicht vernünftig recherchieren, oder zum Verständnis wichtiges weglassen, anderseits, wenn Politiker öffentlichkeitswirksam und polternd was fordern oder versprechen, sie aber gleichzeitig dieses hintenrum sabotieren, indem sie keine Gelder lockermachen, oder anderweitig Steine in den Weg legen. Das nenne ich Veräppelung. Z.B. momentan beim Integrationsgipfel.
    Da dürfen ruhig mehr Medienvertreter diesen Widerspruch mal bei den Politikern offensiv ansprechen, immerhin haben sie ein halbes Jahr an der Sarrazin-Debatte kräftig mitverdient, teilweise wie seit Barschel und 9/11 nicht mehr!
    Immerhin ist das auch ihr Beruf und sie haben ca. 8 Stunden täglich Zeit unter anderem auch dafür und die Recherche war noch nie so leicht und so schnell wie im Internetzeitalter.
    Kennen wir uns zufällig aus dem Geschichtsforum, Anette?
    Schönen Freitag noch.

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