Sonntag, 19. Juni 2011

Brücken in Bosnien-Herzegowina

osmanische Drinabrücke des Sokollu Mehmed Pascha,
1571-1578, Višegrad, Bosnien-Herzegowina

Normalerweise lese ich ja nie die Zeitung "Neues Deutschland", aber heute stolperte ich über einen Artikel im Reise-Ressort:


Drei Brücken über 500 Jahre

Bosnien-Herzegowina: Zerklüftet von fantastischen Gebirgen, zerrissen von fataler Geschichte

Alles im Leben, man denke etwa an das Wort oder an das Lächeln, ist wie eine Brücke. So schrieb es einst der Jugoslawe Ivo Andric. Dieser friedlichen Metapher war er in seinem 1961 nobelpreisgekrönten Roman »Die Brücke über die Drina« nachgegangen. Aber auch deren schicksalhaften zerstörerischen Umkehrung.

An der Drina, einem dieser großartigen Flüsse des Landes Bosnien-Herzegowina, verlief fast 500 Jahre lang, bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die Grenze zwischen dem Osmanischen Reich und dem der Habsburger. Somit zwischen Islam und Christentum, zwischen Asien und Europa. Besagte Brücke steht in Višegrad, heute aus Belgrad kommend etwa fünf Kilometer nach der serbisch-bosnischen Grenze. In dem Roman von Andric widerspiegelt sie politische wie kulturelle Zäsur in all ihren Facetten. Und Zäsur versinnbildlicht sie bis heute. ...
Ich weiß ja nicht, ob der Autor auch mal in ein Geschichtsbuch geschaut hat, aber 500 Jahre lang war diese Brücke nicht die "Grenze". Das ist einfach peinlich, wenn ein Autor sich bei solch einer leicht zu ermittelnden Jahreszahl schon so verschätzt, denn dann weiß man als Leser nicht, wie es ansonsten mit den Recherchefähigkeiten des Autors oder Journalisten so auf sich hat.

Zur Erinnerung einige Daten (die ich selber lt. Standardwerken recherchierte, wenn nicht ein Wikipedia-Editor inzwischen alles "verschlimmbessert" haben sollte.)


Osmanische Herrschaft in Europa (grob nördlich des Fusses Drina):
(es werden die heutigen Staaten genannt, in denen sich osmanisches Territorium befand. Natürlich war nicht ganz Russland, usw. osmanisch.)

um mal die größten Gebiete in den heutigen Staatsgrenzen zu erwähnen. Weitere Gebiete siehe hier.



Osmanisches Reich in seiner größten Ausdehnung des tatsächlichen Machtbereichs um 1595

Ansonsten verknüpft der Autor des obigen Artikels geschickt die Geschichte von drei Brücken in Višegrad, Sarajewo und Mostar mit der (meist jüngeren) Geschichte dieser Landstriche.

Einige weitere Infos dazu aus nicht ganz so schlechten Artikeln der Wikipedia:

Der Bauherr der Brücke über die Drina:

Sokollu Mehmed Pascha (auch Sokollu Mehmet Paşa und Mehmed-paša Sokolović, * um 1505 in Sokolovići bei Rudo; † 11. Oktober 1579 in Istanbul) war ein Befehlshaber und Großwesir des Osmanischen Reiches.

Sokollu Mehmed Pascha stammte aus der bedeutenden Familie der Sokolović (Соколовић) aus dem gleichnamigen Dorf Sokolovići bei Rudo, die am linken Ufer der Drina in der Region um Višegrad ansässig war und wurde durch einen serbisch-orthodoxen Geistlichen auf den Namen Bajica getauft. Durch die Knabenlese kam er nach Istanbul, wo er zum Islam übertreten musste. Dort sollte er zum Janitscharen ausgebildet werden. Da er für klug gehalten wurde, kam er nach einiger Zeit in die Palastschule, in der er eine umfassende Bildung erhielt.
Er gewann das Vertrauen Süleymans I. und wurde 1546 zum Kapudan-Pascha der türkischen Flotte ernannt. 1549 stieg er zum Beylerbey Rumeliens auf. In einem Feldzug gegen Österreich und Erdelien eroberte er 1551–52 das Banat von Temesvár. 1555 stieg er zum Dritten Wesir, 1561 zum Zweiten und 1565 schließlich zum Großwesir des Osmanischen Reiches auf. Unter seinem Schwager Selim II. herrschte Sokollu Mehmed Pascha de facto uneingeschränkt über das Osmanische Reich. Während dieser Zeit gewannen südslawische Kreise Einfluss auf das Reich, die Südslawische Sprache (Štokavisch) zählte damals zu den Hofsprachen der Hohen Pforte. Sokollu Mehmed Pascha ließ im Jahr 1557 angeblich das mittelalterliche Patriarchat von Peć erneuern und vom Ohrider Archiepiskopat abtrennen, wobei er seinen Verwandten Makarius Sokolović als Patriarchen einsetzte. Dies konnte allerdings bis heute nicht nachgewiesen werden. Unter Murad III. setzten sich Sokollu Mehmed Paschas politische Gegner immer stärker durch; Sokollu Mehmed Pascha wurde 1579 von einem Derwisch ermordet.
Heute ist Sokollu Mehmed Pascha vor allem für die von ihm gestifteten Bauwerke bekannt. Das berühmteste ist die Brücke über die Drina in Višegrad, der Ivo Andrić einen Roman widmete. Auch die Arslanagić-Brücke in Trebinje, die Kozja-Brücke in Sarajevo und die Žepa-Brücke in der Ortschaft Žepa nahe Višegrad wurden von ihm gestiftet. Zudem gehören einige Moscheen zu seinem Vermächtnis, die bekannteste ist die nach ihm benannte Sokullu-Mehmet-Paşa-Moschee in Istanbul.

Über die Drinabrücke vom osmanischen Architekten Sinan:

Die Brücke über die Drina (auch Mehmed-Paša-Sokolović-Brücke) in der Stadt Višegrad in Bosnien und Herzegowina wurde von 1571 bis 1577/78 erbaut. Seit 2007 steht sie auf der Liste des Weltkulturerbes der UNESCO.

Als Bauherr gilt der Janitscharen-Großwesir Sokollu Mehmed Pascha, der aus einem Dorf in der Nähe von Višegrad stammte und als Zehnjähriger in die Knabenlese kam. Er soll den Bau in Auftrag gegeben haben, um seiner Heimat einen Dienst zu erweisen.
Die Planung der Brücke wird dem osmanischen Baumeister Sinan zugeschrieben. Die Brücke besteht aus elf Bögen und hat eine Länge von etwa 180 Metern. Die heute für den Autoverkehr gesperrte Fahrbahn ist 6 Meter breit. Die große Plattform auf dem Mittelpfeiler (Kapija) diente den Bewohnern der Stadt Višegrad über Jahrhunderte als Treffpunkt und den wechselnden Herrschern in der Stadt als Kontrollpunkt an der Straße von Sarajevo nach Serbien. 1914 wurden drei Bögen der Brücke über den grünen Fluss Drina durch die abziehende österreichisch-ungarische Besatzung zerstört. Schon zuvor war ein Sprengsatz angebracht worden. Im Jahre 1940 war die Brücke wieder rekonstruiert. Die Schäden des Zweiten Weltkrieges waren 1951 behoben. Heute bedroht der durch die Aufstauung des Flusses bei Peručac gestiegene Wasserstand die Bausubstanz.
Ivo Andrić, der 1961 für sein Gesamtwerk den Nobelpreis für Literatur erhielt, beschreibt die Geschichte der Brücke und der Stadt in seinem 1945 veröffentlichten Roman Die Brücke über die Drina. Die Brücke ist ebenfalls Gegenstand des Romans Wie der Soldat das Grammofon repariert von Saša Stanišić.


Alte Brücke erbaut 1556-1566 in Mostar, Bosnien-Herzegowina

Über die berühmte osmanische Stari most (-Brücke) von Mostar:
Die Stari most (deutsch: Alte Brücke) ist das namensgebende Wahrzeichen der Stadt Mostar in Bosnien-Herzegowina. Sie überspannt die Neretva und verbindet den mehr bosniakisch geprägten Ostteil mit dem stärker kroatisch geprägten Westteil der Stadt. Mit einer lichten Weite von 28,7 Meter und 19 m Höhe (im Scheitelpunkt über der Neretva) war sie zur Zeit ihrer Erbauung ein Meisterwerk der Ingenieurbaukunst.


Die Brücke wurde 1556 bis 1566 vom osmanischen Architekten Mimar Hajrudin (eher richtigerweise osmanisch Hayreddin) im Auftrag des osmanischen Sultans Süleyman I. als Einbogenbrücke erbaut. Er war Schüler des bedeutendsten osmanischen Architekten Mimar Sinan. Bevor der Bau der eigentlichen „Stari Most“ begann, testete Hajrudin das völlig neue Konzept des Brückenbaus in kleinerem Maßstab. Dazu wurde in der Nähe des eigentlichen Standortes eine baugleiche Miniatur errichtet, die heute noch existiert. Bis dahin war der Architekt nur durch den Bau von Moscheen bekannt geworden. Diese Miniatur trägt den Namen Kriva Ćuprija und überspannt den Fluss Radobolja.

Legende:
Hajrudin hatte die fertig gestellte Brücke nie gesehen. Alten Legenden zufolge sei Hajrudin nach einem Einsturz der Brücke zur Strafe der Kopf abgeschlagen worden. Zuvor war die Brücke bereits zweimal in den Fluss gefallen, weshalb die Bevölkerung sagte: „Der Fluss lässt sich nicht überspringen.“ Hajrudin zog sich zurück unweit der Stadt Mostar, in das Gebiet Bijelo Polje (Weißes Feld), und wartete auf die Nachricht von seinen Emissären, welche den Abbau des Gerüstes überwachten. Nachdem ihm die Nachricht überbracht wurde, dass mit der Brücke alles in Ordnung ist, ritt er über das Bergmassiv Velež Richtung Türkei. Während der Reise erkrankte er an Gelbsucht und starb an der Krankheit in Jedrenè (im heutigen Bulgarien).
Laut einer weiteren Legende wurde für den Bau der Brücke ungewaschene Schafwolle, Eiweiß und Honig als Bindemittel (Mörtel) benutzt, weshalb im gesamten Gebiet Eierverzehr absolut verboten war. Angeblich wurden 300.000 Eier verwendet.

Konstruktion:
Der Bogen mit der Form einer Ellipse hat eine lichte Weite von 28,7 Meter und eine Pfeilhöhe von 12,0 Meter. Im Scheitel betrug die Dicke 0,77 Meter bei einer Bauwerksbreite von 4,0 Meter. Zwei Hohlräume im Bogen verminderten das Eigengewicht der Brücke und ermöglichten so die schlanke Bogenkonstruktion. Der Bogen endet in Stützpfeilern aus Kalkstein, die über Flügelmauerwerk mit den Ufermauern verbunden sind, was zu einem monolithischen Eindruck führt. Die Steinblöcke der Brücke sind so mit Klammern und Zapfen aus Metall verbunden, dass diese von außen nicht sichtbar sind.


Die Lateinerbrücke in Sarajevo


Und zum Abschluss noch die Lateiner-Brücke in Sarajevo (auf englisch):

Latin Bridge (Bosnian: Latinska ćuprija, named Principov most - "Princip Bridge" in Yugoslavian era), is a historic Ottoman bridge over the River Miljacka in Sarajevo, Bosnia and Herzegovina. The northern end of the bridge was the site of the assassination of Archduke Franz Ferdinand of Austria by Gavrilo Princip in 1914, which became a casus belli of World War I.

Judging by its foundation, it is the oldest among the preserved bridges in the city. The census of the Sanjak of Bosnia from 1541 mentions the bridge on this spot, built by the leather-worker Hussein, son of Sirmerd.[citation needed] This first bridge seems to have been made of wood, because the court record from 1565 witness that the stone bridge was built here by eminent citizen of Sarajevo Ali-Aini Bey.[citation needed] Terrible flood on November 15, 1791 badly damaged the bridge and its reconstruction was financed by the Sarajevo merchant Abdullah-aga Briga.[citation needed] Someone worked out that the year when it was rebuilt can be obtained from the numerical values in the word 'Briga' it is 1213 which by Islamic calendar equals the year of the reconstruction 1798/99.[citation needed]
The bridge has four arches and rests on three strong pillars and the embankment; it is built of stone and gypsum and the two relieving openings, 'eyes' in the mass above pillars are so characteristic that they can be seen in the seal of Sarajevo. Because of heavy traffic at the time of Austria-Hungary, the pavements on consoles were added to the bridge.[citation needed]

(Bildquellen: Wikimedia Commons, 1 - j.budissin (Julian Nitzsche), 2 - FrancisTyers, 3 - Baumi, eigene Produktion.)

5 Kommentare:

  1. Hallo! Kannst du mir sagen, ob das Neue Deutschland das selbe Brückenbild verwendet hat wie du? Vielen Dank schonmal.

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  2. Sorry, ich sehe im Artikel des Neuen Deutschlands kein Bild. Vielleicht war mal eines drin? Oder nur in der Papierzeitung?
    Jedenfalls könnte es schon dasselbe Bild sein, denn meine obigen Bilder kommen von Wikimedia, können also von allen frei genutzt werden. Am Ende meines Blogposts habe ich in kleiner Schrift zu den Bildern verlinkt.

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  3. Na, so ganz konform ist das ja nun hier auch nicht. In der Lizenz steht schon was von Namens- und Lizenznennung. Das passiert auch bei dir nicht, aber da will ich dir keinen Vorwurf machen. Für das ND würde eine solche Nutzung allerdings teuer werden. Danke jedenfalls für deine Antwort. Ich dachte, du hättest es in der Printversion gelesen.

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  4. Sorry, du hast recht, und ich habe nun die Namen nachgetragen. Bye.

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