Mittwoch, 3. August 2011

Imam Bayıldı oder "Der Imam fiel in Ohnmacht"

Imam Bayıldı - "Der Imam fiel in Ohnmacht"

Heute geht es mal um ein konkretes Beispiel der türkischen Küche, nachdem ich bereits hier und hier ein wenig auf die Theorie und die Geschichte eingegangen bin. Das bedeutet aber nicht einfach nur ein Rezept von mir, sondern wie ihr es gewohnt seid ein wenig mehr Hintergrundinformationen.
Dazu muss ich aber sagen: Ich mag keine Auberginen. Obwohl die osmanisch-türkische Küche sagenhafte 40 Grundvariationen von Zubereitungsarten dieses Gemüses kennen soll, und davon abgeleitet 200 Grundrezepte. Ich weiß auch nicht wieso, aber diese "Königin des Gemüses" oder auch Eierfrucht genannt mag ich einfach nicht. Insofern kann ich hier auch nicht sagen, ob folgendes Rezept nun schmeckt oder nicht, jedenfalls besagt die Legende, dass da ein muslimischer Vorbeter/Priester, also Imam vor Verzückung in Ohnmacht gefallen sei. Selbst wenn ich Auberginen mögen würde, ich bezweifele ob ich mir ein Urteil über den Wohlgeschmack diverser Gerichte erlauben dürfte, da ich kein Gourmet bin und mir aus Essen eigentlich nicht viel mache. Die Geschichten dahinter finde ich aber sehr spannend.
Es haben ja etliche Rezepte interessante Namen, wie zum Beispiel "Nachtigallennest", "Lippen der schönen Geliebten", "Des Sultans Entzücken", "Frauenschenkel", "Frauennabel", "Pudding Noahs", "Wesirfinger", "Kriegskämpfer-Helwa", und so weiter. Im Netz würde man nun LOL schreiben, was ich hiermit tue... ;-)

Diese Etymologien finde ich interessant sowie meist unterhaltsam und vielleicht berichte ich noch einmal über andere Gerichte.

aus dem sehr empfehlenswertem Buch:
Nevin Halici: Das türkische Kochbuch. Augsburg 1993. S. 106:
(Klassische und moderne Rezepte aus der türkischen Küche. Mit vielen Informationen über Land und Leute.

Ein Kochbuch, welches keine "eingedeutschten" Rezepte enthält, sondern nur originale, teilweise in Feldforschung und Archivstudien gewonnene Rezepte. (Deshalb bei einigen wenigen Rezepten schwierige Beschaffung der Zutaten, z.B. Mastixharz - jedoch heutzutage dank Internet auch kein Problem mehr))

IMAM BAYILDI
DES IMAM GAUMENFREUDE
Die Bezeichnung dieses Gerichts - gefüllte Auberginen in Olivenöl - ist in einer Reihe von Büchern mit »Der Imam wurde ohnmächtig« übersetzt worden. Kein Türke aber würde ohnmächtig von einem Gericht, das aus zwei Hauptnahrungsmitteln besteht - es sei denn, es wirft ihn um vor Begeisterung.
Es gibt viele Geschichten über den Imam Bayıldı; diese hier stammt von einer älteren Dame in Konya und hat mit dem charakteristischen Eifer der türkischen Frau zu tun, eine gute Gastgeberin zu sein.
Früher war es in Anatolien üblich, daß der örtliche Imam von den Mitgliedern seiner Gemeinde zu einer Mahlzeit eingeladen wurde. Es galt als Ehre für den Haushalt, den Imam zu Gast zu haben.
Eines Tages hörte ein Ladenbesitzer auf dem Heimweg den Ruf zu den Abendgebeten und ging in die Moschee. Nach den Gebeten, so berichtet die Geschichte, lud er den Geistlichen zu einer Mahlzeit ein, ohne über die Situation in seinem Haus nachzudenken, und sie machten sich auf den Weg. An diesem Tag hatte die Frau des Ladenbesitzers Wäsche gewaschen und keine Mahlzeit vorbereitet. Natürlich war sie sehr aufgeregt, bereitete rasch ein Gericht aus gefüllten Auberginen in Olivenöl und servierte es. Als sie ängstlich in der Küche wartete, kam ihr Mann lächelnd herein und sagte: »Mach dir keine Sorgen, meine Liebe, der Imam war entzückt von deinem Gericht!«


FÜR 4 PERSONEN
4 mittelgroße Auberginen
Salz
Olivenöl zum Braten
1 grüne Paprikaschote, in Ringe geschnitten
FÜR DIE FÜLLUNG
400 g Zwiebeln, in feine Scheiben geschnitten
7 Knoblauchzehen, gehackt
150 g Tomaten, enthäutet und in dünne Scheiben geschnitten
1 TL Tomatenpüree
1/2 TL Salz
1 TL Zucker
3 Zweige Petersilie, gehackt
Die Stengel der Auberginen entfernen, die Auberginen entweder ganz oder nur streifenweise im Abstand von 2,5 cm schälen. Der Länge nach halbieren, in der Mitte etwas aushöhlen, mit Salz einreiben und 20 Minuten stehenlassen. 5 Minuten in Wasser einweichen, dann herausholen und abtropfen lassen. In kochendheißem Öl 5 Minuten braten. Die Auberginen in eine flache feuerfeste Kasserolle legen, in die sie nebeneinander gerade hineinpassen.
Weitere 50 ml Öl in die Pfanne gießen. Darin Zwiebeln und Knoblauch 5 Minuten braten. Tomaten und Tomatenpüree dazugeben und 3 Minuten weiterbraten. 150 ml Wasser angießen, Salz und Zucker zugeben und bei geringer Hitze 10 Minuten köcheln lassen. Durch ein Sieb gießen, die Flüssigkeit beiseite stellen. Die Petersilie zugeben.
Die Auberginen mit der Zwiebelmischung füllen, auf jede Hälfte einen Ring Paprikaschote legen. Die durchgeseihte Kochflüssigkeit zugeben und bei sehr geringer Hitze 40—50 Minuten garen. Abkühlen lassen und kalt in der Kasserolle servieren.


aus dem schon zitierten Buch: Goldstein, Joyce [Mitarb.], Johnson, Peter [Mitarb.], Ehrhardt, Cornell Übers.]: Rund um das Mittelmeer : eine kulinarische Reise ; mit 235 Originalrezepten aus Marokko, Algerien, Tunesien, Ägypten, Israel, Libanon, Syrien, Türkei, Griechenland, Zypern, Italien, Spanien, Korsika und der Provence. München Christian Verlag 1995.

TÜRKEI
Imam Bayıldı
Der Imam fiel in Ohnmacht
Der Rezeptname läßt offen, ob der Imam aus Verzückung über das köstliche Gericht ohnmächtig wurde oder wegen der großen Menge an Öl, die bei der Zubereitung verwendet wird. Nevin Halıcı, eine Expertin der türkischen Küche, sagt jedoch, kein Türke würde jemals vor Schreck in Ohnmacht fallen, wenn er Auberginen in viel Olivenöl sieht, so daß dem Imam wohl vor Begeisterung die Sinne schwanden. Von allen türkischen Auberginengerichten sind diese gefüllten Auberginen am bekanntesten. Für dieses Rezept kann man auch 8-12 schlanke asiatische Auberginen nehmen; ihre Garzeit beträgt nur etwa 15 Minuten. Das Gericht läßt sich einige Tage im voraus zubereiten.

4 Auberginen (je etwa 250 g), vorzugsweise lange schlanke Früchte
Salz
Etwa 120 ml Olivenöl sowie Olivenöl zum Beträufeln
200 g Zwiebeln, in sehr feine Streifen geschnitten
12 Knoblauchzehen, in Stifte geschnitten oder zerdrückt
3 oder 4 Tomaten, enthäutet und gehackt
1 Prise Zucker
2 EL gehackte glatte Petersilie 250 ml heißes Wasser
Die Auberginen der Länge nach so schälen, daß ein Streifenmuster entsteht. Die Früchte längs halbieren und die Schnittflächen mit Salz bestreuen. Etwa 30 Minuten stehenlassen. Dann mit Wasser abspülen und die Flüssigkeit herausdrücken. In einer großen Pfanne bei mittlerer Temperatur 4 Eßlöffel Öl erhitzen. Die Auberginen etwa 5 Minuten darin braten, bis sie weich sind; zwischendurch immer wieder wenden und bei Bedarf weiteres Öl hinzufügen. Die Auberginenhälften nebeneinander in eine große ofenfeste Form legen.
Den Backofen auf 180 °C (Gasherd Stufe 2-3) vorheizen.
Für die Füllung die verbliebenen 4 Eßlöffel Öl bei niedriger Temperatur in der Pfanne erhitzen. Zwiebeln und Knoblauch dazugeben und 12-15 Minuten sautieren, bis sie sehr weich, aber nicht gebräunt sind. Die Tomaten hinzufügen und 5 Minuten garen. Zucker und Petersilie dazugeben und alles noch 5 Minuten köcheln lassen. Von der Kochstelle nehmen und abschmecken.
Die Schnittfläche jeder Auberginenhälfte einschneiden, ohne die Schale zu verletzen. Die Einschnitte auseinanderdrücken und die Zwiebel-Tomaten-Mischung hineingeben. Großzügig mit Olivenöl beträufeln. Das heiße Wasser angießen, die Form mit Alufolie abdecken und die Auberginen 30-50 Minuten im Backofen garen, bis sie sehr weich sind. Nach der Hälfte der Garzeit nachsehen, ob noch genügend Flüssigkeit in der Form ist; nötigenfalls etwas Wasser angießen. Wenn die Auberginen fertig sind, sollten nur noch einige Eßlöffel Flüssigkeit in der Form sein.
Die gefüllten Auberginen auf einer Platte anrichten. Mit Raumtemperatur servieren oder zugedeckt für 1-2 Tage in den Kühlschrank stellen; zum Servieren auf Raumtemperatur kommen lassen.
Für 4 Personen als Hauptgericht oder für 8 Personen als Beilage


Sarah Woodward:  Die türkische Küche. Rezepte aus dem Osmanischen Reich. 2002. S. 83:

Gefüllte Auberginen
Die Aubergine gilt in der gesamten arabischen Welt als die Königin der Gemüse, aber die größte Wertschätzung wird ihr in der Türkei entgegengebracht. Man sagt, es gäbe über 200 traditionelle türkische Rezepte für die Zubereitung der Eierfrucht - ich habe den Verdacht, dass es noch wesentlich mehr sind. Der absolute Favorit ist das Gericht Imam Bayıldı oder „der Imam fiel in Ohnmacht" - ob aus Entzücken oder infolge übermäßigen Schlemmens konnte nie geklärt werden. Die Urheberschaft für das Rezept beanspruchen heute nicht nur die Türken, sondern auch die Syrer und Libanesen; und in einem griechischen Kochbuch las ich den Hinweis, dass das Rezept wahrscheinlich von einem lokalen Pascha in Griechenland stamme, der den Imam beeindrucken wollte. Wie dem auch sei, fest steht, dass das Gericht im gesamten Osmanischen Reich sehr beliebt war und dass es noch heute nicht nur im Vorderen Orient, sondern auch in ganz Südeuropa gern gegessen wird.

Für 4 Personen als Vorspeise oder für 2 Personen als Hauptgericht:

2 Auberginen (etwa 15 cm lang), 200 ml Olivenöl;
2 große weiße Zwiebeln (etwa 500 g), abgezogen, halbiert und in dünne Scheiben geschnitten;2 Knoblauchzehen, abgezogen und fein gehackt;1 TL edelsüßes Paprikapulver; frisch gemahlener schwarzer Pfeffer; Meersalz;3 EL fein gehackte frische glatte Petersilie;2 EL Tomatenmark;
1 lange grüne Paprikaschote;
1 große Tomate
Die Auberginen samt dem Stiel der Länge nach halbieren. Die Samen und das Fruchtfleisch jeder Hälfte bis auf eine 1-1,5 cm dicke Randschicht mit einem Löffel herausheben. Den Backofen auf 200 °C vorheizen.In eine Pfanne, in der die Auberginenhälften nebeneinander bequem Platz haben, 150 ml Öl bei mittlerer Temperatur erhitzen. Es muss richtig heiß sein, bevor die Auberginen hineinkommen, da sie sonst zu viel davon aufsaugen würden. Wenn das Öl nach mehreren Minuten anfängt zu rauchen, die Auberginen mit der ausgehöhlten Seite nach unten in die Pfanne legen; dabei zum Schutz vor spritzendem Fett Abstandhalten. Die Auberginen unter mehrmaligem Wenden bei mittlerer Hitze 10-15 Minuten braten, bis das Fruchtfleisch leicht gebräunt und weich ist. Anschließend vorsichtig aus dem Topf heben und dabei aufpassen, dass die Schale nicht beschädigt wird. Auf Küchenkrepp abtropfen lassen und mit der ausgehöhlten Seite nach oben auf ein Backblech legen. Für die Füllung Das restliche Öl in einer zweiten Pfanne langsam erhitzen. Wenn es heiß ist, die Zwiebeln dazugeben und unter häufigem Rühren 10 Minuten sautieren. Dann den gehackten Knoblauch hinzufügen und die Mischung unter regelmäßigem Rühren weitere 10 Minuten garen, bis die Zwiebeln goldgelb sind und der Knoblauch weich ist. Das Paprikapulver sowie schwarzen Pfeffer aus der Mühle hinzufügen. Nach 1 Minute die Petersilie und das Tomatenmark unterrühren. Die Mischung weitere 5 Minuten garen; zwischendurch gelegentlich umrühren.Die Zwiebelmischung in die ausgehöhlten Auberginenhälften geben. Die grüne Paprikaschote in vier schmale Streifen schneiden und jeden der Streifen in Längsrichtung auf die Zwiebelmischung in den Auberginenhälften legen. Von der Tomate vier große, dünne Scheiben abschneiden und diese jeweils auf den Paprikastreifen legen. Das Backblech in den vorgeheizten Ofen schieben und die gefüllten Auberginen etwa 15 Minuten garen, bis die Tomate und die Paprika gar sind. Vor dem Servieren abkühlen lassen.
Variante:An der türkischen Agäisküste, direkt gegenüber den griechischen Inseln, wird die Petersilie in der Füllung oft durch Minze, Oregano und Basilikum und das Paprikapulver durch gemahlene Koriandersamen ersetzt. Dadurch erhält das Gericht einen mehr mediterranen Charakter.
Wer nicht solange warten möchte, bis ich wieder eine kleine Geschichte zitiere, kann sich derweil auf diesen Seiten verlustieren:

Das Auberginengericht "Der Imam fiel in Ohnmacht"
(Mirror)

Beispiele aus der türkischen Küche
(Mirror)

Türkische Vegetarische Küche
(Mirror)


(Bildquelle: FlickrSteel Wool)

1 Kommentar:

  1. Hey, super Danke für die Rezepte! Mein Mann lieeebt Auberginen. Ich leider nicht... während der Fastenzeit kann ich ihm somit nicht nur die Geschichten dazu erzählen, sondern ihm auch gleich was kochen :D

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