Samstag, 30. Oktober 2010

Der Blick von Außen: Osmanische Gesandtschaften im Abendland

Etliche christliche Adlige fanden es im
18. Jahrhundert schick, sich osmanisch-türkisch zu kleiden und sich portraitieren zu lassen - Portraits "à la turque" - Turkomanie

Ich möchte in diesem Blogposting, welches ich übrigens zeitgesteuert erst jetzt automatisch freigeschaltet habe (ihr erinnert euch, ich bin ja krank und gestern nur kurz am PC gewesen, heute nicht), mal einen interessanten Blick von Außen auf das Abendland vorstellen.

Wie sah der Kontakt der osmanischen Gesandtschaften mit dem Okzident aus?

Hierzu einige Zitate:

Suraya Faroqhi: Die Geschichte des Osmanischen Reiches:

Doch trifft es zu, daß im 18. Jahrhundert die Kontakte des
osmanischen Hofes, besonders nach Frankreich, intensiviert
wurden. Ein erster Anlauf geschah während der Regierungszeit
Sultan Ahmeds III. (1703–30), der einen Botschafter mit der
Aufgabe entsandte, ausführlich über das Leben am Hofe des
jungen Ludwigs XV. sowie die Merkwürdigkeiten von Paris zu
berichten. Der Bericht dieses Gesandten, mit Namen Yirmisekiz
Mehmed Çelebi
, steckt voll aufmerksamer Beobachtungen.
Der osmanische Botschafter war offenbar wegen seines
Geschicks ausgewählt worden, mit Menschen umzugehen; so
nahm er seinen Sohn mit, der sich bald mit jungen französischen
Adligen anfreundete. Auch das war wohl eine Quelle
wertvoller Sozialkontakte.

In diesem letzten Jahrzehnt des 18. Jh. wurden ständige Gesandtschaften in London, Paris, Berlin und Wien eingerichtet.
aus: Der osmanische Staat 1300-1922: 1300 ... - Google Buchsuche

Eine herausragende Stellung hatte bei der Rezeption des Orients Frankreich, wo im 17. Jahrhundert Stoffe "de façon orientale“ von Türken hergestellt wurden. Große türkische Gesandtschaften waren auch hier – 1715 und 1721 in Paris und 1742 in Versailles zu Gast. Der eigentliche Anlass für die Beliebtheit der Portraits "à la turque" war der türkische Gesandte Said Pascha, der sich von dem Gesellschaftsmaler Jacques André Joseph Aved (1702-1766) malen ließ.
Karlsruher Türkenbeute :: Turquerie, Turkomanie, "alla turca" - Die Türkenmoden Europas (Link gerade nicht erreichbar - falls dauerhafter Zustand, suche ich einen Ersatz in archive.org, also später bitte ggf. nochmals schauen)

Seit 1763 gab es in Berlin eine ständige osmanische Gesandtschaft.
siehe auch den lesenswerten Bericht des Botschafters:
Ahmed Resmi (Neudruck 1983), Des türkischen Gesandten Ahmed Resmi Efendi gesandtschaftliche Berichte von Berlin im Jahre 1763
(Berlin)

Osmanische Delegationen in Europa

Vor allem mit Frankreich, später auch mit Preußen, pflegten die Osmanen ein besonders freundschaftliches Verhältnis.

Ein großes Ereignis war das Eintreffen des türkischen Gesandten Çelebi Mehmet Efendi 1721 bei Ludwig XV. (reg. 1715-1774). Seine Eindrücke von Paris schrieb er in einem Buch “Das Paradies der Ungläubigen“ nieder. 1763 begab sich mit Ahmet Asmi Efendi zum ersten Mal ein türkischer Botschafter nach Berlin. Die Ambassade wurde von den Berlinern als großes Spektakel empfunden und zahlreiche Schaulustige bevölkerten die Straßen, um den Legaten zu sehen, der u.a. eine Schule, eine Kirche und Handwerksmanufakturen besuchte. Zweck dieser Mission war es, Politik, Verwaltung, gesellschaftliche Verhältnisse und vor allem das Militär Preußens zu studieren. Zudem ging es darum, ein Bündnis gegen den gemeinsamen Feind Russland zu erwirken. Mittlerweile also hatte sich die Lage ins Gegenteil verkehrt: Die Osmanen suchten Unterstützung gegen ihre Feinde an den europäischen Höfen. Dass sich die politische Annäherung zeitweise schwierig gestaltete, bezeugt das Geschacher um die Tagegelder, die das Gastland der Delegation zu zahlen hatte. Dieses entschied Ahmet Efendi mit dem Ausspruch, wenn man ihm wenig gäbe, bliebe er lange, gäbe man ihm viel, so ginge er bald wieder. Dass die Beziehungen jedoch prinzipiell gut waren, belegt ein höflicher Briefwechsel zwischen Friedrich II. und dem Sultan Mustafa III. (reg. 1757-1774) bzw. dessen Großwesir. Dies war die Basis für die freundschaftlichen osmanisch-preußischen Kontakte der beiden folgenden Jahrhunderte.
aus:
Karlsruher Türkenbeute :: Osmanische Außenpolitik


Auch in Frankreich konnte eine echte Janitscharenkapelle bestaunt werden, die als Begleitung einer Gesandtschaft im 17. Jahrhundert am Hof verweilte.
Der Eindruck, den die Musik hinterließ, war so stark, daß Jean Baptiste LULLY, der den Stoff MOLIERES, "le bourgois gentilhomme", als Ballett bearbeitete, die Türkenszene mit Janitscharenmusik untermalte, und die Darsteller/innen in einem erfundenen Pseudo-Türkisch reden ließ. (Vgl. Ausstkat, 87:272)
Im folgenden, 18. Jahrhundert wurde das Sujet der Türkenoper immer beliebter, erlebte geradezu einen Boom.2 Als türkische Instrumente galten "Becken, Tamburen, Triangel, Schellen, Glöckchen, kleine und große Trommel, Pauken, Trompeten, Piccoloflöten Hackbrett und der
Schellenbaum". (Ausstkat, 87: 273)
aus: http://www.geschichtsforum.de/253296-post12.html --> 2 Das musikalisch geprägte Türkenbild


Hier die wechselseitigen Beziehungen zwischen dem Osmanischen Reich und Europa im Überblick:

Muslim Heritage


Subjects of the Sultan: Culture and ... - Google Buchsuche u.a. ab S. 240 ff. Beobachtungen osmanischer Gesandte in Berlin, z.b. von dem Theater. Das gleiche Standardwerk gibt es auch in deutsch, aber ich habe nun nicht nach der genauen Seite geschaut. Könnt ihr sicherlich anhand des Inhaltsverzeichnis schnell selber finden, sehr interessante Einblicke in die Gedankenwelt der Osmanen, was sie dachten, als sie bei diesen merkwürdigen Christen ins Theater gingen...

Freitag, 29. Oktober 2010

Geschichte des Nawruz / Nowruz / Neujahrsfest

Happy Nowruz!_Haft Sin (traditional table setting)
iranische Nowruz-Feierlichkeit 

Ein kleiner Einblick in das nahöstliche Neujahrsfest:

Nawruz / Nowruz / Newroz / Nevruz geht wohl auf achämenidische persische zoroastrische Zeiten zurück (Es soll sogar lt. Tradition durch Zarathustra selbst eingeführt worden sein), und ist nicht nur ein Fest des astronomischen Frühlingsanfanges (welches natürlich von vielen Kulturen gefeiert wird), sondern hat auch theologische Implikationen und Rituale. Es wurde von vielen Kulturen (mit lokalen Variationen) übernommen, die unter persischen Kultureinfluss standen, z.B. kurdische, auch türkische z.B. in Zentralasien, oder in Ägypten.
Dabei zeigen sich auch andere Einflüsse aus der vorislamischen Zeit, z.b. römische Festivitäten.
Mit Aufkommen des Islam wurde dieses Fest dann islamisiert übernommen und gerechtfertigt. Insgesamt blieb es synkretistisch und wurde von dem orthodoxen Islam nicht immer gutgeheissen.
Kein Wunder, gab es doch z.T. karnevaleske Umzüge, Weingelage, Wasserspritzereien auf der Kleidung von Männern und Frauen auf der Strasse, bis die Kleidung durchsichtig wurde, usw. Auch Eierwerfen gehörte manchmal dazu, in Ostfriesland als Eier-Trüllen bekannt.

Insgesamt zeigt sich mir ein sehr vielfältiges und damit verworrenes Ritual-Bild.

Ich weiß leider nicht, wann dieses Fest bei den Kurden zum ersten Mal schriftlich belegt wurde. Vielleicht erst in relativ junger Zeit, da die Kurden nur eine relativ schwach ausgeprägte Schriftkultur zugunsten einer Oralkultur besaßen.

Heute wird es ja als starkes identitätsstiftendes Fest genutzt, und ich möchte mal wissen, ob wir es hier mit einem Fall der "Erfundenen Traditionen" zu tun haben, im Zuge des noch nicht abgeschlossenen "Nationbuilding" , oder nicht.

Ich persönlich denke, dass es kaum sein kann, dass die Kurden in SO-Anatolien nicht dieses Fest seit Jahrhunderten wie ihre iranischen (und z.T. türkischen) Nachbarn feierten. Die Frage ist die Belegbarkeit - schwierig besonders in einer eher schriftarmen Kultur, und in welcher Form, mit welchen Ritualen, also auch z.B. mit den 7 "S"-Dingen.

Ansonsten, hier mal seriöse grundlegende Infos über Nawruz:
NAWRUZ
Nawruz, literally “new day,” is the Iranian holiday that
celebrates the beginning of spring. Nawruz was observed in
Zoroastrian Persia and has long been celebrated in areas
influenced by Persian culture. Nawruz begins at the vernal
equinox on the first day of Farvardin, the first month of the
Iranian solar calendar, and lasts thirteen days.
Renewal of
home and of social ties are evident in the housecleaning that
precedes Nawruz and in the visits paid to relatives and
friends, in order of seniority, throughout the holiday. People
wear new clothes at Nawruz, and children receive presents
of money.
Central to the Nawruz celebration in Iran is the sofreh-e
haft sin, or “cloth of the seven s’s”
—a decorative arrangement
of seven objects whose names in Persian begin with the letter
s. These are usually sumac (somaq), hyacinth (sonbol), garlic
(sir), vinegar (serkeh), apple (sib), sorb tree berry (senjed), and
sprouted wheat or other greens (sabzi), all of which are
displayed together with a mirror, candles, colored eggs, a
goldfish in a bowl, and the holy book of the family that is
celebrating the holiday.
Nawruz is a national Iranian holiday, celebrated by members
of all religious groups, and a marker of ethnic identity
among groups associated with Persian culture outside Iran.
Nawruz ends with a picnic (sizdah beh dar—“thirteenth outside”),
at which each family’s sabzi is tossed away, preferably
into running water, to take with it any lingering unhappiness
of the past year.
aus:
Martin, Richard C. (Hrsg.): Encyclopedia of Islam and the Muslim world. Macmillan Reference USA: 2004. S. 506.

Kurze sinngemäße ad hoc Übersetzung:

Bin krank

Hallo Leserinnen und Leser.

Als kleiner Service für euch, und falls ihr euch fragt, warum ich plötzlich nicht mehr täglich mindestens ein Posting verfasse:

Liege mit Grippe flach. Nein, keine Schweinegrippe... Sicher noch einige weitere Tage.

Sorry für die Pause - blättert derweil nochmal alte Postings durch, vielleicht verbirgt sich unter eigentlich für euch uninteressanten Überschriften doch noch interessante Schlenker zu anderen Themen. Diese Schlenker baue ich ja mitunter manchmal in Postings ein, und sind nicht immer aus dem ersten sichtbarem Teil des Post erkennbar.

Na, gut, trotz, dass mir schon wieder schwummerig wird, stelle ich gleich doch noch ein Posting ein, welches ich fast fertig auf Lager hatte.

Dienstag, 26. Oktober 2010

"Die Multikulti-Illusion war in Berlin immer besonders stark"

 Ausländer und Deutsche in Berlin von 1996-2008

Heute gab Innenminister Thomas de Maizière (CDU) im Tagesspiegel ein Interview, wo er unter anderem besondere Integrationsprobleme in Berlin einer Politik unterstellte, die durch eine rot-grüne "Multikulti-Illusion" geprägt wäre.

Ende 1970 gab es in West-Berlin 129.000 Ausländer, bei 1,996 Millionen Deutschen (aus dem Spiegel von 1971). 10 Jahre später, 1980 gab es etwa 200.000 Ausländer in Berlin, darunter die Hälfte davon Türken. (aus dem Spiegel von 1980 - übrigens: interessant sich mal die Integrationsartikel vergangener Jahrzehnte anzuschauen). Leider fand ich keine kontinuierlichen Ausländerstatistiken für Berlin seit 50 Jahren. Ansonsten siehe oben in der Grafik die konstante Zahl von knapp unter 500.000 Ausländern seit 15 Jahren.

Ich glaube, de Maizière hat da etwas vergessen:


Welche Partei stellte die Regierungsverantwortung in Berlin seit 1971:

SPD, SPD, SPD, SPD, CDU, CDU, CDU, CDU, CDU, CDU, CDU, CDU, CDU, CDU, CDU, CDU, CDU, CDU, SPD-AL, CDU, CDU, CDU, CDU, CDU, CDU, CDU, CDU, CDU, CDU, CDU, SPD-Grüne,  SPD, SPD, SPD, SPD, SPD, SPD, SPD, SPD.

Inzwischen ist es offenbar auch bei mehr Journalisten in der FAZ durchgedrungen, welches die wirklichen Ursachen sind, denn sie fragen immerhin: "Wenn inzwischen sogar Migranten aus Migrantenvierteln wegziehen, ist Integration vielleicht gar kein ethnisches Problem, sondern ein soziales."

In dem Artikel werden auch einige der vergangenen Politikversäumnisse angeschnitten, und das hat unter anderem auch die CDU maßgeblich zu verantworten, daran sollte sich de Maizière mal erinnern!

Neu war bei meiner Recherche übrigens folgendes:

1967 Die Zahl der Fortzüge liegt höher als die der Zuzüge von Gastarbeitern.
1974 Die Zahl der Fortzüge liegt höher als die der Zuzüge. (...)
aus: Zeitstrahl des Bundesministeriums des Inneren
 
Ich dachte bislang, dass nur in den 2000ern das Verhältnis von Zuzügen und Abwanderungen sich umkehrte. Das es teilweise vorher schon mal solche Jahre gab, war mir neu.


(Bildquelle: Statistisches Bundesamt)

Montag, 25. Oktober 2010

Brandanschlag auf Moschee und das Unwohlsein von Muslimen



Taj Mahal in Indien

Ich las letztens, dass mal wieder eine Moschee Ziel eines Anschlags war. Bezeichnenderweise nur eine winzige Pressemeldung wert. Es gibt auch Schmierereien, Grabschändungen, "Schweinefleisch-Attacken", usw. die es nie in die Medien schaffen und von denen man wenn überhaupt nur auf den jeweiligen Moschee-Internetseiten etwas erfährt.
"Die Moschee im elsässischen Haguenau ist durch Brandstiftung leicht beschädigt worden. (...) Die Feuerwehr habe den Brand gelöscht. (...)  Zugleich rief er [der Ratsvorsitzende der örtlichen Muslime] die Bürger im Elsass auf, gemeinsam gegen "diese Ideologie des Hasses" Stellung zu beziehen; die Muslime ihrerseits sollten sich von solchen Taten nicht provozieren lassen, sagte der Ratsvorsitzende."

komplett hier:
Stern.de

Das Muslime Opfer alltäglicher Diskriminierung oder auch nur stigmatisierendem Verhaltens durch die Mehrheitsgesellschaft werden, ist nichts Neues. Manchmal werden diese auch in den Medien publiziert.
Kopftuchtragende Frauen können nicht selten davon ein Lied singen, manchmal sind ihre Erlebnisse geradezu Realsatire, wie in diesem Beispiel:
"Mit dem gelatinefreien Joghurt bewaffnet stehe ich an der Kasse. Ich bin an der Reihe. 1,99 bitte – Ich gebe ihr das Geld und bedanke mich für den Bon. "Na, sie sprechen ja gut deutsch." – Ja, vielen Dank. (Okay, wusste nicht, dass man einen so hohen Grad an Deutschkenntnissen für ein "Danke" und "Bitte" braucht. Aber egal. Einfach annehmen. Für Rechtfertigungen ist jetzt keine Zeit.) "Wo kommen sie denn her?" – Aus der Schule (Ist mir schon klar, worauf sie hinauswollte. Aber irgendwann hat man es auch satt.) "Nein, ich meine, wo sind sie geboren?" – In Hamburg. "Oh, das kenne ich gar nicht." (Sie kennt HAMBURG nicht!?) Arme Frau, dachte ich, scheint nicht viel rumgekommen zu sein. Noch ehe ich etwas sagen konnte, spricht sie weiter: "Haaaambuag – Wo genau in der Türkei liegt denn das?"
komplett:
Deutsche Welle: "Haaambuag – Wo in der Türkei liegt denn das?"

Solche Erlebnisse sind kein Einzelfall. Fast jeder Migrant, besonders Muslime (bzw. Menschen, die Namen und/oder Aussehen aus dem Nahen Osten haben), haben nicht erst seit Sarrazin ähnliche Erlebnisse gemacht. Dabei ist auch ein vermeintlich gut gemeintes Lob, zum Beispiel das schon fast obligatorische Lob über die gute Sprachkentniss des Deutschen, ein ausgrenzendes Verhalten. Eine Bestätigung eigener Vorurteile, dass man als "Deutscher" meint, die Migranten würden per se schlecht deutsch sprechen, und man umso überraschter ist, dass es doch welche gibt, die nicht nur "grunzen"...

Diese alltäglichen Erfahrungen von Deutschen türkischer Herkunft machen beileibe nicht nur Frauen mit Kopftuch, sondern auch bestens integrierte Menschen der Oberschicht, wie z.B. dieser Politologe in einem interessantem Interview verdeutlicht:

Sonntag, 24. Oktober 2010

Scheindebatten in der Schweiz wie auch in Deutschland - Ausländer raus!

Raus, Raus, kriminelle Ausländer raus!

Ich hatte letztens auf 3Sat die schweizer Reportage-Sendung "Rundschau" gesehen, in der einmal der neueste Schwachsinn der rechtspopulistischen SVP  vorgestellt wurde. Eine Gesetzesinitiative zur sog. "Ausschaffung" (Abschiebung) von kriminellen Ausländern, die Ende November zusammen mit dem Gegenvorschlag der anderen Parteien zur Volksabstimmung steht. Diese Initiative ist auch für uns in Deutschland interessant, wird mit deren Inhalt doch genauso hier von Teilen der Politik immer wieder "argumentiert", wenn es darum geht, Gesetztesverschärfungen gegenüber kriminellen Ausländern zu fordern. Das grobe Foul der Politiker ist dabei, wie ich schon im Post über die Heuchelei in der Politik bemängelte, dass entweder diese Politiker die hiesige Rechtspraxis nicht kennen, und keine Lust haben sich darüber kundig zu machen, was sie in meinen Augen unfähig machen würde. Oder aber, was wesentlich wahrscheinlicher ist, diese Politiker sind ähnlich wie die Rechtspopulisten in der Schweiz vorrangig an Machtzuwachs bedacht, und wissen durchaus, dass die Problematik nicht an vermeintlich zu "weichen" Gesetzen liegt, sondern sie spielen bewusst auf der Klaviatur der Angst und Fremdenfeindlichkeit des Volkes, instrumentalisieren also bestimmte Themen und führen die Bevölkerung bewusst in die Irre.

So wie es offensichtlich die schweizer Rechtspopulisten wieder einmal nach dem Minarettverbot nochmals tun werden, siehe folgenden Bericht:


"Kriminelle Ausländer

Kriminelle Ausländer sollen die Schweiz verlassen - unabhängig von der Schwere der Tat. Das will die Ausschaffungsinitiative der SVP, über die das Schweizer Volk am 28. November abstimmt. Der Gegenvorschlag des Parlaments macht die Ausweisung von der Höhe des Strafmasses abhängig. Die Rundschau zeigt, wie die SVP ihre Basis mobilisiert, während ihre Gegner vor allem den von der Initiative vorgeschlagenen automatischen Vollzug und die damit verbundene Willkür kritisieren. Das sei das Ende des Rechtsstaates.

Streitgespräch: Karin Keller-Sutter - Hans Fehr

Im Studio treffen sich zum Streitgespräch Hans Fehr, Nationalrat SVP/ZH (Ausschaffungsinitiative) und Karin Keller-Sutter, Regierungsrätin SG/FDP (Vertreterin des Gegenvorschlags)."
weiter:
Rundschau im Schweizer Fernsehen

Die andere Sicht. Wie könnte ein Muslim denken?

Ein junger Afghane

In meinem letzten Beitrag habe ich einmal versucht, durch Perspektivwechsel in zwei Artikeln neue Aspekte in die Diskussionskultur einzuführen:

Hilfe, die Türken gehen! Grundsteinlegung der Deutsch-türkischen Universität

Dabei geht es nicht vorrangig darum, den dortigen Argumentationen zuzustimmen, sondern vor allem darum, dass man nachvollziehen kann, was der Grund für die Sichtweise eines Gesprächspartners sein kann. Wieso denkt er so, wie er denkt? Und noch wichtiger, wie kommt derjenige zu so einer Denkweise? Ist diese Denkweise nicht legitim, oder wenn nicht, wo gleicht sie vielleicht ganz genau der eigenen Denkweise, nur eben mit versetzten Vorzeichen? Darum geht es mir vorrangig, wenn man sich mal temporär von gängigen und eigenen Denkmustern trennt, und sich in die Lage eines anderen hinein versetzt. Oft fehlt mir diese Empathie in der Diskussionskultur, sei es in TV-Talkshows oder auch bei Schreiberlingen, oder in Diskussionsforen. Denn etliche Missverständnisse könnten mit einer häufiger angewendeten Empathie vermieden werden.

Nun folgt also dieser Perspektivwechsel über den eigenen Tellerrand mit einem weiteren Artikel. Folgende Aufstellung ist vielleicht schon weithin bekannt. Wenn nicht, dann lohnt sich mal ein Blick auf die Sicht vieler Muslime, wie sie die Welt betrachten, und vor allem die Erklärungen, die dahinter verlinkt sind:

Hilfe, die Türken gehen! Grundsteinlegung der Deutsch-türkischen Universität

Bundespräsident Christian Wulff hat als einen letzten Höhepunkt seiner knapp einwöchigen Türkei-Reise den Grundstein einer deutsch-türkischen Universität in Istanbul gelegt. Diese wurde noch in der großen Koalition 2008 durch Unterzeichnung eines Gründungsvertrages durch Außenminister Steinmeier feierlich beschlossen.
Übrigens ist diese nur eine von mindestens einem halben Dutzend deutschsprachigen Bildungseinrichtungen allein in Istanbul.
Dieses schrieb ich bereits hier:


Deutsch-türkische Künstlerakademie in Istanbul geplant.

Ich habe auch noch meinen Kommentar zu seiner Reise dazu seit Anfang der Woche auf Halde und werde ihn noch fertigstellen.

Manchmal wird ein Sachverhalt erst dann so richtig verdeutlicht, wenn man mal einfach die Perspektive wechselt. Dieses fällt aber vielen Diskutanten offensichtlich schwer. Ich erinnere mich noch an eine wirksamere Methode, die ich z.B. eindrücklich in dem Buch "Das Schwert des "Experten". Peter Scholl-Latours verzerrtes Araber- und Islambild" 1993 wieder einmal kennenlernte. Dort haben sich mal zwei der Autoren, Anis Hamadeh und Daniel Schwarz daran gemacht, alleine mit der Sprache des Scholl-Latour, mit der ihm eigenen Brille, wie er den Orient betrachtet, sich in die Rolle eines "Nahwest-Experten" zu begeben um eine Satire zu schreiben:

"Auge um Auge oder: Die wundersamen Erzählungen eines arabischen »Nahwest-Experten«

Dumpf und monoton dröhnten die Kirchenglocken der christlichen Gemeinde im Gotteshaus zu Paderborn. Die westfälische Stadt ist eine religiöse Hochburg, die wie ein urbanes Relikt aus der Zeit Karls des Großen anmutet, der hier einst ein Bistum stiftete, um die Kirche als mächtiges Instrument des Heiligen Römischen Reiches einzusetzen. Die unverkennbare und nicht zu unterschätzende Solidarität zwischen der okzidentalen katholischen Kirche und der regierenden christlichen Partei beweist die Verstrickung von abendländischer Religion und Herrschaft, die bis zum heutigen Tage von Bedeutung ist. Unüberhörbar riefen die Glocken zum Kirchgang auf. Bedrohlich, obskur, ja fast apokalyptisch wirkte das Orgelspiel im Inneren; eine bucklige Gestalt hämmerte fanatisch auf das Instrument ein, damit die alemannischen Gläubigen - überwiegend blond und blauäugig - in ekstatischen Rhythmen und zu düsteren Gesängen ihrem Herrn huldigen konnten. Es war Sonntag, der christliche Freitag, und der Pfarrer, ein ganz in schwarz gekleideter Patriarch, stand auf der Kanzel, um das Gebet vorzusprechen, das die Gläubigen als raunender Chor wiederholten. Eingebettet in christliche Parolen hörten wir die Predigt. Der Geistliche verlas emphatisch einige Aussprüche des Propheten Jesus, der im Christentum ja bekanntlich die Rolle des Gottessohnes einnehmen muss. Ein Blick in die düsteren Gesichter der Menge verriet mir etwas über das historische Band, das diese Gemeinschaft zutiefst zusammenhält und alle Andersgläubigen ausschließt; und zwar nicht nur die muslimische Minderheit, die dem neuerstarkenden Germanien zu einem guten Teil zu seinem Wohlstand verholfen hat, sondern auch die undurchschaubar vielen anderen Konfessionen der Bibelreligion, die sich über jahrhundertelangen blutigen Zwist hinweg haben behaupten können. Im Religionsfrieden von Augsburg wurde 1565 die Kirchenspaltung festgeschrieben und den Herrschern das Recht gegeben, den Glauben ihrer Untertanen selbst zu bestimmen. Die unzähligen Kriege, die die Region dann noch lange zersetzen und erschüttern sollten, und auch die Hunderttausende von brutal ermordeten Ketzern während der Inquisition deuten auf die Instabilität der christlichen Dogmen hin, die allerdings von den Massen akzeptiert wurden, als der Reichtum späterer Kolonialzeiten den Wohlstand brachte.Dank meiner landesüblichen Kleidung wurde ich in der üppig verzierten Bartholomäuskapelle, die in Ausschmückung und Architektur nicht frei von Effekthascherei ist, kaum als Fremdkörper wahrgenommen, ja, es schien mir sogar, als könnte ich hinter dem martellischen Lächeln eines zahnlosen Alten in der letzten Reihe die Gewissheit spüren, für einen der Ihren gehalten zu werden (...)
[Nun beginnt ein Kommentar auf die Satire:]
Wer wäre ob dieser Wortgewalt nicht 'zutiefst' beeindruckt? Wir möchten allerdings anmerken, dass wir einige Satzfragmente, darunter die ersten drei Sätze, unverändert aus Peter Scholl-Latours Opus Das Schwert des Islam übernommen haben, um größtmögliche stilistische Authentizität zu gewährleisten. Für alle, die vielleicht selbst einmal durch journalistische Arbeit zur Meinungsbildung beitragen möchten, haben wir das "scholllatour'sche Geheimrezept für scharfsinnige Delikatessen" ermittelt. (...)"
auch komplett absolut lesenswert, obwohl von 1993:
Auge um Auge oder: Die wundersamen Erzählungen eines arabischen »Nahwest-Experten«

Samstag, 23. Oktober 2010

Die Heuchelei der Politik - die Instrumentalisierung des Stammtisches

Die CDU-Spitzenkandidatin zur Landtagswahl 2011
 in Rheinland-Pfalz, Julia Klöckner (MdB)
Es wurde in der Vergangenheit in den Medien schon öfters beschrieben, dass die so oft von Politikern in Talkshows geforderten deutschen Spracherwerbungen von Migranten, und die oft allzu leicht den Migranten zugeschriebene Schuldfrage bei der Integration, nicht der Realität entsprechen.
Es wurde von der Öffentlichkeit teilweise verdutzt festgestellt, dass es nicht an Bereitschaft fehlt die Integrationskurse zu besuchen, sondern an bereitgestellten Kapazitäten, diesen Ansturm an "Integration" auch zu bewältigen. Zehntausende warten derzeit auf einen freien Integrationskursplatz, Wartezeiten von mindestens drei Monaten bis zu einem dreiviertel Jahr sind die Folge, so berichtete schon vor einem Monat der Spiegel (leider viel zu spät, angesichts der von ihnen angefachten Integrationsdebatte mit dem unkritischen Abdrucken des Pamphlets von Sarrazins!).

Wer wissen möchte, was man aktuell erleben kann, wenn man sich um eine Integration bemüht, dem möchte ich eine lesenswerte Kolumne ans Herz legen:

Kolumne zu Deutschkursen

Liebe Aygül Özkan!


Ein Kampagne von der Deutschlandstiftung Integration will Menschen mit Migrationshintergrund motivieren, Deutsch zu lernen. Die Plakat-Aktion ist praktisch und kostengünstig - Deutschkurse sind das nicht. 
(...)

Ich rief etwa zehn Schulen an. (...) Die Ausländerbehörde konnte nicht helfen, ich rief sogar im Innenministerium und beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge an. Kurz: Ich fand keinen geeigneten Deutschkurs.

Der Markt reagiert nicht auf die politischen Forderungen an Migranten, besseres Deutsch zu lernen. Die Politik findet ebenfalls keine Lösungen. Und Sie? Modeln für die Imagekampagne einer Wirtschaftsvereinigung und strecken den Migranten die Zunge heraus!"

Halbbruder von Stuttgart 21 Gegner Boris Palmer (Die Grünen) gefunden

Boris Palmer, Oberbürgermeister von Tübingen,
(Die Grünen) Stuttgart 21 Gegner
Liebe Leser und Leserinnen.

Vielleicht sollte ich doch nicht so streng mit mir selber sein und hier primär ausführliche fertig ausgearbeitete Argumentationen einstellen. Oder gar fast an Hausarbeiten heran reichende Postings. Denn dieses erfordert natürlich bei aktuelleren Ereignissen einen weit höheren Aufwand, als einfach nur ein Aufmerksam machen von lesenswerten schon vorhandenen Inhalten im Netz.
Denn es ist doch so. Noch, vielleicht auch für immer, habe ich sehr wenige Leser, jedenfalls regelmäßige Leser. Und sollte ich, wie in den letzten Tagen weniger Zeit finden, und daher nichts in den Blog eintragen, sind diese ggf. auch schnell wieder weg, was prozentual "brenzliger" ist, wie vielleicht in einem Jahr, wenn eine größere und breitere Leserschaft existieren sollte.
Also sollte ich vielleicht lieber jeden Tag etwas posten, auch wenn es nicht "höchsten" Ansprüchen genügt, oder vielleicht nicht so streng meinen Themen entspricht, wenigstens solange, bis mein Blog bekannter ist. Damit es sich immer lohnt einmal täglich einen Blick in diesen Blog zu werfen, immerhin ist es ja auch ein Blog, und keine Homepage, und von daher bestehen einfach andere Gesetzmäßigkeiten.

Dies schließt auch Humor nicht aus.

Denn ich habe den Halbbruder von Boris Palmer, (Oberbürgermeister von Tübingen, Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen, und Stuttgart 21 Gegner) gefunden!

Donnerstag, 21. Oktober 2010

Kolumne zum Muslimbashing von Hilal Sezgin

Normalerweise wollte ich hier ja eher weniger Zeitungsartikel einfach nur so vorstellen, ohne ausführlichem Kommentar meinerseits, oder ggf. einigen Richtigstellungen. Oder zumindest weiterführenden Informationen.

Diese Kolumne der Hilal Sezgin von der taz lag schon einige Tage in meinen Entwürfen, sozusagen als Steinbruch, und ich war mir sicher, dass in den einschlägigen Mediawatch-Blogs diese auch vorgestellt wird. Da bislang nichts passierte, stelle ich sie nun doch ohne weiteren Kommentar vor, die Kolumne ist lesenswert und auch amüsant. Danach noch ein kurzes lohnenswertes Video, was die meisten wohl kennen.

Mittwoch, 20. Oktober 2010

Türkische Namensreform 1934 und Folgen - Türkifizierung - Teil 1

Trachten von Schwarzmeerbewohnern, spätosmanisch

Um den vielleicht bisherigen Eindruck des Blogs zu entgegnen, hier würde nur gelobhudelt, relativiert, einseitig Positives dargestellt oder schöngeredet, hier ein Beispiel eines dunklen Flecks in der Geschichte der jungen türkischen Republik, im Zuge dessen z.B. auch kurdische Namen türkifiziert wurden, was bis heute manchen Kurden die Zornesröte - zurecht - ins Gesicht treibt.
Wie gesagt, ich möchte hier im Blog weder Schwarz noch Weiß darstellen, sondern das differenzierte Grau, und wenn in vielen Artikeln der hiesigen Presse immer wieder alles Schwarz dargestellt wird, und ich das eigentliche Grau der Realität zeige, bin ich weit davon entfernt, alles Weiß darzustellen, wie einige vielleicht beim Überfliegen der Postings hier denken könnten.

Zuvor jedoch einige Bemerkungen, die offenkundig notwendig sind, denn auch wenn Türken und Deutsche seit Jahrzehnten direkt nebeneinander leben, arbeiten, zur Schule gehen, Fußball spielen, usw., ist es bemerkenswert, wieviele Journalisten, Politiker, ganz normale Nachbarn, etc. keinerlei Probleme haben, das italienische Giovanni, das französische Jean-Paul, das portugiesische José, etc. korrekt auszusprechen, aber die ganz wenigen türkischen Ausspracheregeln (die sich zudem auch nicht ändern, je nach benachbartem Vokal oder Konsonant wie in vielen anderen Sprachen!) öfters, auffallend oft eigentlich, kaum beherzigen oder sich darum bemühen. Warum wohl? Schon in den 80er Jahren las ich Umfragen, dass die Türken meist am untersten Ende der Beliebheitsskala landeten, am wenigsten als Nachbarn gewünscht wurden, usw.
Ich kann das noch beim "Pöbel", beim "Mob" verstehen, aber nicht beim Ansager der Talkshow Maybrit Illner, der regelmäßig den Vorsitzenden der Grünen Partei Deutschlands mit ÖTZdemier vorstellt, statt mir Ösdämmir. Oder die Sportreporter jeden Fußballer aus Angola versuchen richtig auszusprechen, aber den deutschen Nationalspieler Mesut Özil immer noch Meesuut aussprechen, statt Mässutt. Und bei Serdar Taşçı haben sie gleich aufgegeben und eingedeutscht in Taskie, was er aber auch "gestattete", denn er kennt diese "Probleme" bewusst seit mind. 15 Jahren in Deutschland durch sein unmittelbares Umfeld. Beim Namen fängt schon die Respektlosigkeit vieler in Deutschland an.


Hinweise zur Aussprache des türkischen:

â/î = Längenzeichen -> lange Vokale (zunehmend unüblich im modernem Türkisch), alle anderen Vokale sind kurz auszusprechen, also o wie deutsches o in Donner, nicht wie in Ofen, ö in Döner, würde dementsprechend wie in "Dönner" ausgesprochen werden, Mesut wird also wie "Messutt" ausgesprochen, usw.
c = wie dsch in "Dschungel"
ç = wie tsch in "Kutsche"
ğ = meist ein Längenzeichen und kaum hörbar, wie das h in "Dehnung"
h = immer konsonantischer Hauchlaut, wie h in "gehen", nicht Dehnungszeichen
ı = i ohne Punkt, ein "dumpfes" dunkles kurzes i, wie i in "immer"
j = wie j in "Journal"
r = stets Zungen-r, wie in das r in Bayern
s = stimmloses s wie s in Kuss
ş = wie sch in „Schande“
y = wie deutsches j in Japan
z = weiches stimmhaftes s wie in "Sand" oder "Rose"

war doch nicht so schwer oder? Man muss auch nicht wie z.B. im Italienischem darauf achten, welche Konsonanten noch folgen, um zu erkennen, ob ein G so oder so ausgesprochen werden muss. Beim Türkischem bleibt es bei obigen Ausspracheregeln.

Dienstag, 19. Oktober 2010

Wie islamfeindlich sind die Deutschen wirklich?

24.4.1990 - Berlin: Tausende auf einer Demonstration unter dem Motto "In- und Ausländer gemeinsam - Menschenrechte sind unteilbar"

Ich las gerade in dem sehr gutem Blog, Hinter meinem Schreibtisch ein Posting, in dem der jüngsten Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung über die Islamophobie in Deutschland nicht so recht über den Weg getraut wird.
Dies mag berechtigt sein, oder auch nicht. Das weiß ich nicht, da ich deren Methodik nicht genau angeschaut habe. Ich habe sie allerdings auch nicht "naiv" übernommen, als ich sie in diesem Posting erwähnte und als einen Aufhänger nahm, eine der Ursachen für Ausländerfeindlichkeit in der falschen Nutzung des Kulturbegriffes zu beschreiben:
In den Spiegel der ausländerfeindlichen Deutschen geschaut

Dort schrieb ich ebenfalls, dass es zahlreiche andere Studien gäbe, und man sich nicht damit aufhalten sollte diese Studie nur zu zerpflücken um sich ja nicht mit der Situation in Deutschland zu beschäftigen. Oder sich damit aufhalten, dass man bei dieser Studie interessensorientierte Methodik nachweist oder unterstellt.
Man kennt ja inzwischen die Diskussionen, das "Totschlagsargument", den Skeptizismus Statistiken gegenüber, usw.

Daher möchte ich mit diesem Posting weitere Studien vorstellen, wo man gegebenenfalls nachschauen könnte, ob sich in Deutschland in der letzten Dekade etwas im Verhältnis der Mehrheitsgesellschaft zu ihren Minderheiten, insbesondere den Muslimen (ob gläubig oder eher nicht, sei dabei immer dahingestellt) änderte. Und wie die Einstellungen der Deutschen sind, ganz unabhängig von der Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung
Wichtig ist dabei, dass fast alle diese Studien noch vor der Sarrazin-Debatte erhoben wurden. Ich kann mir kaum vorstellen, dass nach den letzten zwei Monaten noch alles wie zuvor ist.

Ausstellungen ohne Ende zur islamischen Kunst

 Portrait eines osmanischen Malers, osmanisch (1444 - 1481)
aus der Freer Gallery of Art, Smithsonian, Washington D.C.


Letzte Woche ging die spannende Ausstellung "UNERWARTET / UNEXPECTED Von der islamischen Kunst zur zeitgenössischen Kunst" im Kunstmuseum Bochum zu ende. Es gibt aber dieser Tage noch andere Ausstellungen islamischer Kunst zu bestaunen. Daneben lohnt auch immer ein Blick auf das begleitende Rahmenprogramm, so werden nicht nur kunsthistorische Fragen in Dia-Vorträgen behandelt, wie z.B. die Frage "Gibt es im Islam ein Bilderverbot?" Es werden auch vielfältige Themen z.B. rund um das Thema Islam oder Integration z.B. in Diskussionsrunden angeschnitten. Nicht zuletzt gibt es meist kulturelle, kulinarische und musikalische Beiträge in den Rahmenprogrammen, und für Kinder ist auch oft etwas Spezielles dabei.
Wer sich für Integration bzw. der Behebung einiger Probleme damit wirklich auseinander setzen möchte, egal ob als Mehrheitsgesellschaft, aber auch als Migranten, der sollte zumindest mal in dieses Rahmenprogramm einen Blick werfen, denn besonders bei musikalischen und kulinarischen Tagen, wie jetzt am vergangenen Wochenende die Türkischen Tage 2010 in Karlsruhe, sind zwanglos direkte Begegnungen und Austausch aller Seiten möglich. Und wenn ich mir Umfragen anschaue, nachdem die meisten Deutschen keinerlei Kontakt zu Muslimen haben, aber dennoch die größten "Ängste" haben, welcher Rahmen böte sich da mehr an dagegen vorzugehen, als ggf. das stimmungsvolle Foyer eines Museums, auf dem neutralen Boden der Hochkultur? Dabei muss man auch niemals ein regelmäßiger Museumsgänger sein, ich denke, selbst für viele bildungsferne Bürger könnten Vorträge mit Koran und Bibel im Vergleich, Musikdarbietungen oder Tanzende Derwisch-Perfomances interessanter sein, als RTL2... ;-)

Kommen wir zu den Ausstellungen:

Montag, 18. Oktober 2010

Peter Voß verrennt sich beim Interview von Necla Kelek

 Necla Kelek, die in ihrer Diplomarbeit das Gegenteil dessen schreibt, wie in ihren Bestsellern

Jetzt gerade läuft auf 3Sat das Interview von Peter Voß mit Necla Kelek. Unter dem Motto: "Hat Sarrazin Recht?" Mir kommt es so vor, als wenn das Schaf den Wolf interviewet, ob Wölfe Schafe fressen sollten. Oder anders gesagt, er fungiert als ihr Stichwortgeber, meist in bestärkender Form. "Würden sie mir zustimmen, hier ist der Innenminister unter dem Druck der Verbände in die Knie gegangen?" fragt er z.B., als er sie fragt, warum sie aus der Islamkonferenz herauskomplementiert wurde.

Erster türkischer Humanoide SURALP vorgestellt

Nun hat also auch die Türkei ihren ersten 1-Million-Dollar-Humanoiden. Mir ist zwar bekannt gewesen, dass die Türkei in der letzten Dekade zunehmend nicht nur Hightech importiert, sondern sich bemüht größeres Engagement in Forschung und Entwicklung zu investieren, aber dass dieses auch in fortschrittlicher Robotertechnologie mündet, wusste ich bis bis jetzt noch nicht. SURALP heißt der Humanoide der Sabanci Universität. Dabei ist sein Name zusammengesetzt aus den Buchstaben von "Sabanci University Robot Research Laboratory Platform".
Das Projekt entstand ab 2002, als ein türkischer Professor von seiner Gastprofessur aus Japan zurück kehrte, und dachte, warum bauen wir nicht auch einen Roboter? Nach Materialtests und dem Schreiben von Simulationssoftware begannen die Arbeiten an den Beinen 2006. Zwei Jahre später war der 164 cm große und 114 kg schwere Humanoide fertiggestellt. Nach einer zweijährigen Testphase wurde er nun der Öffentlichkeit präsentiert.

Siehe in dem Video unten auch die anderen Videos auf der Youtube-Seite:

Was soll ich tun? - Antwort

Nachdem heute die einwöchige Abstimmung rechts oben nach überwältigender Teilnahme ;-) von 9 Stimmen geendet ist, kommt nun die Antwort auf diese Frage eines vorherigen Postings: Was soll ich tun? (Wieso ist das denn das meistangeklickte Posting? Wollt ihr mehr persönliches von mir? ;-))
  • Es stimmten 3 Leute dafür, dass ich auch in diesem Blog täglich Pressemeldungen zitieren sollte, die ich besonders interessant finde, und geeignet finde, die Realitäten da draußen korrekt zu beschreiben.
  • Es stimmten 6 Leute dafür, dass ich mir diese Mühe nicht machen sollte, da es schon genügend Blogs gibt, die diese Arbeit verrichten und den Blick auf diese Artikel lenken. Sie lesen diese Blogs sowieso schon, und es sind doch mehr oder minder immer die gleichen Artikel in den diversen Blogs.

Sonntag, 17. Oktober 2010

Mal wieder Verbreitung von Falschmeldungen - DITIB gegen Islam-Studiengänge?



Nun stellte Bildungsministerin Schavan kürzlich die Standorte der Universitäten vor, an denen Islamische Studien gelehrt werden sollten. Diese Information fand auch Eingang in die Presse. Dabei las ich in der Frankfurter Rundschau, die DITIB (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion) stehe diesem Vorhaben "skeptisch gegenüber". Ich wurde stutzig. Ausgerechnet die DITIB der Deutschtürken? Einer der liberalsten Verbände, der vielleicht einer Art "Euro-Islam" einiger Leute am nächsten kommt? In anderen Zeitungen stand sogar, die DITIB "lehne die Imam-Ausbildung ab". Also schaute ich mal kurz auf die Internetseite der DITIB, und war nicht überrascht, dass dort auf die Möglichkeit extra hingewiesen wird, dass man seit 2009 in der Goethe Universität in Frankfurt a. M. ein Ergänzungsstudium Islamische Theologie studieren kann, was einen unter anderem dazu befähigen sollte, in muslimischen Gemeinden zu arbeiten (anders als Islamwissenschaftler, dessen Berufsbild diese Arbeit eher nicht vorsieht). Das schaut doch nicht danach aus, das die DITIB den neuen Studiengängen entgegensteht?

Evliya Çelebi UNESCO Mann des Jahres 2011

Der UNESCO Mann des Jahres 2011 wird der große osmanische Globetrotter und Gelehrte Evliya Çelebi. (1611-1683)



 "Auswechslung der beiden Großbotschaften nächst Szony am 3.Mai 1663"
Stich aus "Der Neu-eröffneten Ottomanischen Pforten Fortsetzung...", Augsburg 1700

Dieses Evliya-Çelebi-Jahr (Çelebi = Tschälläbi ausgesprochen, Vokale werden im türkischen fast immer "kurz" ausgesprochen), steht zwar schon länger fest, aber nun sind es bald nur noch zwei Monate bis zum Jahreswechsel, und ich bin mal gespannt, welche Programme es rund um dieses Thema geben wird. Ein Beispiel:

Im Zuge dieses Evliya-Çelebi-Jahres werden in der Türkei einige Erlebnis-Touren angeboten, die im Sinne des "Re-Enactment" ein Nachempfinden einer seiner Reisen mit dem Pferd möglich machen sollen. Dabei geht es zum Beispiel 1000 km in sechs Wochen unter anderem durch die historischen antiken Landschaften von Bithynien, Phrygien, Mysien, Lydien und Ionien also teilweise durch die Gebiete, die die Keimzelle des späteren Osmanischen Imperiums im Nordwesten der anatolischen Platte waren.

Samstag, 16. Oktober 2010

"Ein Türke rief an: 'Großen Hunger, ich fressen Kater'"

Mittlerweile ein Beispiel besserer Integrationsarbeit -
die "berüchtigte" Berliner Rütli-Schule. Wandel ist machbar.
Obige Überschrift wäre eigentlich zum Lachen, wenn das Thema nicht so ernst und besorgniserregend wäre. Anders als so manch anderer Beobachter bin ich aber doch noch entfernt vom Alarmismus, selbst wenn Übergriffe, Brandanschläge bis hin zu Morden aus rassistischen Motiven weiter ansteigen sollten. Vielleicht täte ein "Brachial"-Comedian wie Serdar Somuncu so mancher hyperventilierender Talkshow vergangener Tage ganz gut...Meine These ist ja, dass das Bild der Muslime, oder der Migranten im Allgemeinen, wesentlich auch durch die Medien geprägt wurde und wird (wer von 76 Mill. Deutschen hat schon persönlichen Kontakt zu den wenigen 5% Muslimen im Lande, von denen viele rein optisch vielleicht gar nicht erkennbar sind? Von denen weit unter einem Prozent ein Kopftuch trägt?). In den vergangenen Monaten wird ja gerne darüber palavert, dass Sarrazin endlich ein "Tabu" gebrochen habe, indem er (u.a.) auf Missstände bei der Integration hinwies. "Endlich könne man wieder sagen, was man denkt." erschallt es allerorten. Meiner Beoachtung nach liegt der Fall aber eher anders herum. In den Medien wird jede negative Nachricht über die Migranten oder die Muslime lang und breit ausgewalzt. Und das schon seit Dekaden. So verfestigt sich immer aufs Neue die Meinung, das Zerrbild über die Ausländer, die Muslime. Wieviele Muslime oder Migranten mit diesen negativen Erscheinungen überhaupt hervortreten, also in welcher Relation zur Mehrheit der Muslime/Migranten sie stehen, oder welche eigentlichen Ursachen dahinterstehen, wird selten erläutert. Abgesehen von stereotypischer Sprache und Bildregie und Bildauswahl. Wird schon mal eine Türkendisko voller Muslime mit Miniröcken gezeigt, wenn über das Thema Integration gesendet wird, oder wird die Oma mit Kopftuch beim Obsthändler gezeigt, der Bärtige mit Käppi, wenn darüber berichtet wird? Dabei wäre ersteres Bild viel typischer, viel repräsentativer für einen Muslim, denn die Mehrzahl trägt bekanntlich keine Kopftücher.
Meine These ist auch nicht nur auf meinem eigenen Mist gewachsen, denn etliche Studien gibt es schon seit Jahren zum Thema, z.B. die über die öffentlich-rechtlichen Sender von Kai Hafez. Und diese Sender sind noch harmlos, verglichen mit anderen Medien.
Übrigens finden wir die gleichen Mechanismen der Medien auch bei der Bewertung über Sexualstraftaten und schweren Gewaltdelikten. Die realen Zahlen sind seit Jahren mehr oder minder konstant, bei Umfragen stellt man hingegen fest, dass die Mehrheit der Bevölkerung denkt, es gäbe signifikant immer mehr Sexualstraftäter, immer mehr Mörder. Diese Diskrepanz resultiert aus der Medienrezeption der Bevölkerung und dem Wandel und zunehmendem Konkurrenzdruck der Medien und ihrer dadurch bedingten Berichterstattung.

Freitag, 15. Oktober 2010

Entwicklung der Elitesoldaten der Janitscharen im 17. Jahrhundert. Niedergang?

Ausdehnung des osmanischen Machtbereiches im 16./17. Jh.


Einige Ausführungen zu diesen Fragen des Osmanischen Reiches:

  • Wie sieht denn die Entwicklung der Janitscharen nach ihrem glorreichem Zenit im 17. Jahrhundert aus?
  • Wie war danach ihre militärische Bedeutung?
  • Wie kann man allgemein die militärische Kraft der Osmanen in späteren Jahrhunderten einschätzen? Waren sie unfähig geworden Schlachten zu gewinnen? War es ein kontinuierlicher Prozess des Rückganges osmanischem Territoriums?
  • Wieso erhöhte sich ihre Zahl und haben noch heute die damaligen Hofchronisten recht?

Es wird ja meist besonders in der älteren Sekundärliteratur von einem langsamen Verfall der Osmanen seit dem 17. Jahrhundert ausgegangen, und schaut man auf zahlreiche Schlachten und Kämpfe, so sieht man tatsächlich die Osmanen zunehmend in der Defensive.
Allerdings weiß man heute ja die weitere Entwicklung, die im späten 19. und dann im 20. Jahrhundert zum Zusammenbruch des osmanischen Reiches führte. Dieses mag z.B. im 18. Jahrhundert so in dieser Form den Zeitgenossen gar nicht so klar gewesen sein. Oft werden die Siege des Abendlandes breit in der heutigen Literatur "gefeiert", die osmanischen Rückeroberungen jedoch kaum abgehandelt, so dass dieser Eindruck des unaufhaltsamen Niedergangs genährt wird.

aus dem recht lesenwerten neuerem Standardwerk Daniel Goffman: The Ottoman Empire and early modern Europe. 2004:

"Consequently, the argument goes, concession, retreat, and retrenchment characterized Ottoman history during the seventeenth through the nineteenth centuries. The reality, of course, was much more complicated than this representation suggests. Particularly in the seventeenth century, many regions and sectors of the empire flourished economically; innovation and bureaucratization engendered an unprecedented political stability; and even militarily, the Ottomans enjoyed some notable successes. (...)"

"(...) This loss of [military] supremacy was to become even more evident in the wars of the late seventeenth and eighteenth centuries. Nonetheless, even during these times of trouble, the Ottoman ability to supply and maintain armies in the field was remarkable, a testimony to the resources and administrative system of the Empire, as much as to its military prowess (...)"

Donald Quataert (The Ottoman Empire - 1700-1922) geht detaillierter auf obige Sätze von Goffman ein (Quataerts Buch ist ebenfalls ein neueres Standardwerk [1]):

"While a review of these battles, campaigns, and treaties makes apparent the pace and depth of the Ottoman defeats, the process was not quite so clear at the time. There were a number of important victories, at least during the first half of the eighteenth century. For example, although Belgrade fell just after the 1683 siege, the Ottomans recaptured it, along with Bulgaria, Serbia, and Transylvania, in their counter-offensives during 1689 and 1690. In fact Belgrade reverted to the sultan’s rule at least three times and remained in Ottoman hands until the early nineteenth century. In 1711, to give another example, an Ottoman army completely surrounded the forces of Czar Peter the Great at the Pruth river on the Moldavian border, forcing him to abandon all of his recent conquests. Several years later, the Ottomans regained the lost fortress of Azov on the Black Sea. In a 1714–1718 war with Venice, the Istanbul regime regained the Morea and retained it for more than a century, until the Greek war of independence. Ottoman forces won other important victories in 1737, against both Austrians and Russians. For several reasons, including French mediation and Habsburg fears of Russian success, the Ottomans, in the 1739 peace of Belgrade, regained all that they had surrendered to the Habsburgs in the earlier Treaty of Passarowitz. In the same year, they again obtained Azov from the Russians who withdrew all commercial and war ships from the Black Sea and also pulled out of Wallachia. Even after the disasters of the war that ended at Kücük Kaynarca, the Ottomans won some victories, compelling Russia to withdraw again from the principalities (and from the Caucasus). Catherine did so again in 1792 when she also agreed to withdraw from ports at the mouth of the Danube."
Wie wir sehen, war die osmanische Armee durchaus noch in der Lage, manchen Sieg über die abendländischen Armeen zu erzielen. Nicht mehr andauernd, wie zu früheren Jahrhunderten, aber es war auch nicht so, dass die abendländischen Armeen ab dem 17. Jahrhundert jedes Mal als Sieger hervorgingen. Obige Erfolge lesen viele sicherlich seltener in der Literatur.

Maybrit Illner: Je gläubiger ein Muslim, umso gewaltbereiter?


strenggläubige Muslima, Pianistin
Es ist schon ein Kreuz. Kleine Anmerkung und Aufklärung zur gestrigen Talkshow Maybrit Illner. Ein typisches Beispiel, wie Medien mit ihrer Verantwortung zur seriösen Recherche kläglich versagt haben, getrieben von ihren eigenen Vorurteilen.

Es geht um ein Missverständnis von dem ansonsten von mir als intelligenten Menschen wahrgenommenen Bischof Wolfgang Huber. Demnach habe eine Studie des niedersächsischen Kriminologen Prof. Dr. Christian Pfeiffer angeblich festgestellt, dass bei Muslimen gelte, je gläubiger sie seien, desto gewaltbereiter seien sie auch. Bei Christen hingegen sei es genau andersherum: Je frommer, desto friedlicher. Dieses wurde von Bischof Huber mehr oder minder widerspruchslos in der Sendung erneut in den Raum geworfen.
Diese Widerspruchslosigkeit ist auch kein Wunder, wie schon Jörg Lau in seinem ZEIT-Blog in einem lesenswertem Beitrag feststellte. Vermutlich wird sich dieses Vorurteil, diese Fehldeutung der Studie von Pfeiffer auch nie mehr aus der Welt schaffen.



"Das Islambild in den Medien
(...) Ein jüngeres Beispiel: „Jung, muslimisch, brutal“ titelte Spiegel Online einen Bericht über die Studie des Kriminologen Christian Pfeiffer zum Zusammenhang von Religi­ösität und Gewaltneigung.
  • Der Süddeutschen fiel zur gleichen Untersuchung die Zei­le ein: „Die Faust zum Gebet“.
  • blick.ch: „Macht Islam ag­gresiv? Jung, brutal — Muslim”,
  • Tagesspiegel: “Allah macht hart”,
  • heise.de: “Jun­ge männliche Macho-Muslime”,
  • Financial Times Deutschland: “Studie zu jungen Muslimen — Je gläubiger, desto gewalttätiger”,
  • Welt.de: “Studie — Gläubige Musli­me sind deutlich gewaltbereiter”,
  • Welt: “Muslime — Mehr Religiosität = mehr Ge­waltbereitschaft”,
  • Bild.de: “Junge Muslime: je gläubiger desto brutaler”,
  • Hamburger Abendblatt: “Junge Muslime: Je gläubiger, desto brutaler”.
  • ["Berliner Zeitung": "Je gläubiger, desto gewaltbereiter. Studie über junge Muslime in Deutschland"]

Türkei: Das "vergessene Rumänien"

Interessant. Ich habe nun schon wieder einen Artikel (siehe unten) aus Österreich gelesen, wo bemängelt wurde, dass die Türkei in Österreich in den vergangenen Jahren regelrecht "vergessen" wurde.
Und dieses sind verpasste Chancen für Österreich, für österreichische Arbeitsplätze, für das Wachstum, für österreichische strategische ökonomische Planungen und Positionierungen im globalen Wettbewerb.

Finanzdistrikt Levent, Istanbul, Türkei
                       
Könnte es sein, dass der jahrelange Rechtsruck seit Jörg Haider mit seiner FPÖ mit seinen Feindbildern die äußerst dynamische Wirtschaftsentwicklung in der Türkei seit einer Dekade verschlafen ließ? Dass man sich jener Meinung anschloss, der islamische Raum sei eh das "Reich des Bösen", korrupt, "barbarisch", hinterwäldlerisch, unterlegen, usw.? Man betonte ja bis in den jüngsten Wiener Wahlkampf immer und immer wieder die "Gefahr aus dem Osten". Nein, nicht der Kommunismus, der Islam ist gemeint gewesen. Selber schuld, kann man da nur den Österreichern sagen, die den Rechtspopulisten zu einer Erstarkung ihrer Macht verhalfen, auch jüngst im ansonsten so "weltoffenem" Wien.
Gleichzeitig den Islam, oder allem Fremden gegenüber mehr als "unfreundlich" gesinnt zu sein, und hervorragende Geschäftsbeziehungen zum Nahen Osten und Zustrom von Touristen aus der islamischen Welt, zum Wohle Österreichs, das passt irgendwie nicht zusammen.

Kommen wir zur aktuellen Pressemeldung, danach zu einer älteren Meldung:

Donnerstag, 14. Oktober 2010

Islamic Heritage Project (IHP) der Harvard Universität

So, noch kurz ein Tipp von mir:
Die Harvard Universität hat ein Projekt namens Islamic Heritage Project (IHP) initiiert, indem sie eine Unzahl an Manuskripten und gedruckten Werken aus dem islamischen Kulturraum digitalisiert und frei und öffentlich im Internet zur Verfügung stellt.

Firdawsī, Shāhnāmah: manuscript, 1718–1721.
MS Persian 78. Houghton Library, Harvard University, Cambridge, Mass.
[Illumination, f. 400v., scene of copier’s patron and writers].

Ich zitiere:

And the Oscar goes to... Turkey!


Türkei top, Deutschland flop.
Hotel in Belek, Antalya, Türkei

Alljährlich werden die Tourismus-Oscars vergeben. Der große Gewinner dieses Jahr ist die Türkei mit 15 Auszeichnungen als Beste Europas. Gleichzeitig war die Türkei dieses Jahr Gastland dieses prestigeträchtigen Preises "World Travel Award", im Rixos Premium Belek, in der Nähe von Antalya, direkt unter den 3000ern des Taurus Gebirges. Diese Gewinne zeigen, dass die Türkei auf gutem Wege ist, ihr touristisches Angebot zu diversifizieren, nicht vor allem auf Massentourismus zu setzen, sondern auch in dem Luxussegment, Wellness-Segment und im nachhaltigem Qualitätstourismus kräftig mitzumischen.




Fachkompetenz Naher Osten? Netzwerk Fachjournalisten islamische Welt

Katajun Amirpur, freie Journalistin für SZ, ZEIT, taz, usw.
Foto: Raimond Spekking
License: cc-by-sa-3.0 http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/
Ein Problem für Konsumenten von Medien ist oft, dass wenn sie nicht auf dem Gebiet, was sie gerade konsumieren ein gewisses Hintergrundwissen besitzen, nicht leicht beurteilen können, ob der Journalist den sie gerade konsumieren vertrauenswürdig genug ist, einerseits zutreffende Analysen zu erstellen, andererseits, ob der Journalist überhaupt die Sprache des Landes versteht, aus dem er berichtet.

Ich stelle mir immer vor, wie es wohl wäre, würde ein ägyptischer Auslandskorrespondent in Deutschland, Italien oder den Niederlanden kein Deutsch, Italienisch oder Holländisch sprechen. Er könnte nicht die Landespresse auswerten, er könnte z.B. nicht lesen, was Sarrazin in seinem Buch geschrieben hat, er könnte nicht die Feinheiten, die Untertöne, die Allegorien und Anspielungen der Politiker und Medien mitbekommen, die oft notwendig sind, um Debatten richtig einordnen zu können. Kommunikation mittels einer weiterer Übersetzung nivelliert und vernichtet einen Teil der innewohnenden Information, manchmal entscheidende Teile. Und dies umso mehr, als unterschiedliche Sprachstile gepflegt werden.
In einem Sprachraum wird oft exakt und präzise etwas benannt, und vielleicht auch damit nichts konkret benannt, in einem anderen Sprachraum hingegen wird etwas eher umschrieben, sprachlich "spiralig" umkreist, und vielleicht wird der Gegenstand für unsere Ohren in der Übersetzung nur undeutlich erkennbar, für Einheimische hingegen sehr deutlich erkennbar.
Kurz: Kommunikation über Sprache ohne weitere Schicht kann schon ein großer Vorteil sein, für das Verständnis, für die richtige Einordnung in Kontexte, für die Schlussfolgerungen.
Dieses sollte eigentlich auch für Nahost-Korrespondenten gelten. Am besten nicht nur sprachliche Kompetenz, sondern auch universitäre Ausbildung, sei es durch ein Studium der Islamwissenschaft, Turkologie, Iranistik, oder auch andere Studiengänge, die wenigstens exakte und kritische Recherche während des Studiums vermittelt.
So wird dem Journalisten vielleicht eher klar, wie er eine Fatwa eines Dorfimams in Oberägypten einzuordnen hat. So werden vielleicht legitimatorische Handlungen, und politisches Kalkül eher deutlich.

Doch woher weiß der Leser oder TV-Zuschauer schnell, wer ihm da etwas berichtet, ob er oder sie sprachliche Kompetenz hat, oder gar wissenschaftliche Kompetenz?

Mittwoch, 13. Oktober 2010

In den Spiegel der ausländerfeindlichen Deutschen geschaut

Wann folgt der nächste Anschlag?
Dieser Tage wird mal wieder eine Studie zitiert ("Die Mitte in der Krise"), die empirisch wissenschaftlich und repräsentativ der Deutschen ihre Einstellungen befragte. Was mich dabei wundert, ist die teilweise Verwunderung der Journalisten über die hohen Werte bei ausländerfeindlichen, islamophoben und chauvinistischen Einstellungen der Bevölkerung. Da ich mich schon seit Jahren damit beschäftigte, habe ich schon zahlreiche ähnliche Studien gelesen, mit ähnlich hohen Werten - auch unabhängig von dem ausführenden Institut, z.B. auch von der CDU-nahen Konrad Adenauer Stiftung. (Da sicherlich von einigen gleich das "Totschlagsargument" der interessensorientierten Durchführung der Studie kommen wird.)

Denn es gibt ja schon seit den 90ern immer wieder Berichte von Auswüchsen dieses Rassismus auch bei ganz normalen Bürgern. Oft dort am offensichtlichsten, wo die Deutschen den wenigsten persönlichen Kontakt zu Migranten haben, in Ostdeutschland. Diese kommen allerdings meist nur dann in die Medien, wenn deren Auswirkungen etwas mehr als die ganz "gewöhnliche" nicht selten alltägliche Diskriminierung von Migranten darstellen, wie z.B. in diesem Bericht über eine Pfarrersfamilie:
"Der kleine Jannik wollte sich die Haut mit der Bürste weiß schrubben 
Beschimpft, bespuckt, verprügelt - von ganz normalen Bürgern. Weil sie den alltäglichen Rassismus nicht mehr erträgt, flüchtet eine Pfarrersfamilie aus dem Osten zurück ins Rheinland. Im thüringischen Rudolstadt versteht man die Welt nicht mehr - und sorgt sich um seinen Ruf."
weiter auf Spiegel Online

Wie gut kennst du die Türkei? Quiz-Sammlung

Bosporus mit Fatih Sultan Mehmet Brücke
Gestern wurde mal wieder ein neuer Quiz in der Financial Times vorgestellt:

Wissenstest: Kennen Sie die Türkei?

Ich habe 18 von 20 richtigen Antworten. Einige Fragen waren mal etwas anders, wie bei anderen Tests.
Einige Fragen sind eher für Leute gedacht, die sich schon mal ein wenig mit der Türkei beschäftigten.

Hingegen ist dieser Quiz nur über Istanbul vom ZDF auch für Leute geeignet, die sich kaum mit dieser Stadt beschäftigten, weil ich viele Antworten unter Allgemeinbildung verstehen würde. Ich habe alle 13 Fragen richtig beantwortet. Also ist dieser Test leichter, dafür enthält er Fotos und kurze Hintergrundinfos zu den Antworten dazu:
Hier klicken: ZDF Multimedia Quiz Istanbul

Schon etwas betagtere Quiz, für diejenigen, die nie genug bekommen:

Istanbul Fashion - Ausstellung türkischer Designer erstmals in Deutschland

Istanbul Fashion Week 2009

Es mag einigen bekannt sein, dass die Türkei zu den weltweit führenden Exporteuren von Textilien zählt. Begünstigt dadurch, dass die Türkei der sechstgrößte Baumwollhersteller der Welt ist. Vielleicht hat auch der eine oder andere Tourist Fälschungen von Markenkleidung an den Badeorten erworben, um sich mit Gucci, Versace oder Armani T-Shirts zu schmücken. Vielleicht ist auch noch wenigen bekannt, dass in der Türkei nicht wenige internationale Modemarken ihre Textilien für den europäischen Markt herstellen lassen, z.B. H&M, Hechter, Benetton, Boss, Nike, Prada, usw. Man also durch Outlet-Shops bzw. Fabrikverkäufe ganz legal preiswertere Markenkleidung kaufen könnte. Abgesehen davon, sind auch diese Moden in normalen türkischen Boutiquen und Kaufhäusern preiswerter als in Deutschland. Auch ohne Handeln, welches eher Folklore für einige Touristen darstellt, aber schon 50 Meter vom Touristenbasar entfernt so ein Gebaren unerwünscht sein kann.
Dass sich die Türkei in den vergangenen Jahren im Textilbereich gewandelt hat, vom einstigen Herstellungsland von Billigtextilien und Massenware hin zu Qualitätswaren, dieses mag sich noch nicht so herumgesprochen haben. Dieses wurde erforderlich, weil die Türkei nicht mit den Billigproduzenten in China und Südostasien mithalten konnte und wollte, und auch die EU-Länder Bulgarien und vor allem Rumänien mit Massentextilherstellung Konkurrenten wurden.
Noch weniger bekannt dürfte sein, dass die Türkei nicht nur Zulieferer für etablierte Modemarken wurde, sondern sich anschickt ein Wörtchen in der internationalen Modewelt mitzusprechen. Als Standort für Modedesign sich auch außerhalb des Landes einen Namen zu machen.
Ganz wenige türkische Designer, die ihre Kollektionen schon in Paris, London, New York oder Mailand präsentierten sind einem Insiderpublikum inzwischen ein Begriff.
Aber als Modestandort tritt erst allmählich vor allem Istanbul mit seiner Istanbul Fashion Week ins Bewusstsein der Kreativszene und ihrer Terminkalender.




Nun braucht man nicht extra nach Istanbul reisen, um sich ein Bild von der Entwicklung der Designmetropole Istanbul zu machen, denn:

Dienstag, 12. Oktober 2010

Warum Eugenik unmöglich ist

Ich habe kürzlich einen interessanten Artikel in einem Wissenschaftsblog gelesen. Es wurde schon mehrfach auch in Massenmedien darauf hingewiesen, dass in dem Buch "Deutschland schafft sich ab" von Thilo Sarrazin seine Kapitel, die sich mit der Steuerung der Bevölkerungsentwicklung auseinandersetzen, Konzepte oder Thesen herangezogen werden, die mehr als veraltet und wirkungslos sind, abgesehen von den ethischen Fragen, die sich daraus ergeben.

Euthanasie Propaganda Poster der Nazis um 1938 mit dem Text:
"60000 RM (Reichsmark) kostet dieser Erbkranke
die Volksgemeinschaft auf
Lebenszeit Volksgenosse das ist auch Dein Geld.

Einige Ausschnitte:

Warum Eugenik unmöglich ist
von Michael Blume.

(...)
Rote und braune Sozialisten vertraten "eugenische" Konzepte
Im deutschen, historischen Gedächtnis sind politische Forderung nach "Eugenik" - der gezielten, politischen Einflussnahme auf die Fortpflanzung von Menschen zur Hervorbringung vermeintlich "besserer" Generationen - vor allem mit dem Regime des nationalen Sozialismus verbunden. Aber vor, während und nach dem NS-Regime wurden eugenische Programme auch von linken Sozialisten und anderen politischen Gruppen eingefordert und teilweise umgesetzt. Und so bezieht sich auch der langjährige, sozialdemokratische Finanzsenator einer rot-roten Regierung Thilo Sarrazin in seinem Buch und seinen Forderungen ebenso locker auf Gunnar Myrdal wie z.B. auf Volkmar Weiss, der sich für die NPD Sachsen in die Landes-Enquetekommission "Demographischer Wandel" berufen ließ. Wenn es um eugenische Vorstellungen geht, lassen sich rinks und lechts nicht velwechsern. Und dafür gibt es einen schlichten Grund.

Erzbischof Robert Zollitsch ist wohl eingeschlafen

Erzbischof Robert Zollitsch
 Manchmal frage ich mich wie denn die Vorbereitung auf ein Interview bei Journalisten aussieht. Wenn ich z.B. den Erzbischof Robert Zollitsch interviewen würde, und dabei auch auf die Rede von Bundespräsident Wulff eingehen werde, ist es doch selbstverständlich, dass ich zuvor die Rede nochmals intensiv durchlese, oder? Damit ich dann im Falle von Unklarheiten bezüglich der Rede z.B. den Interviewten darauf aufmerksam machen kann, oder? Hier hat offenbar Erzbischof Zollitsch bei einigen Passagen der Rede von Wulff nicht so gut aufgepasst, ebenso wie der Interviewer, denn ich lese folgendes:
"Welt am Sonntag: Bundespräsident Christian Wulff hat beim Staatsakt zur deutschen Einheit heute vor einer Woche, am 3. Oktober, in Bremen gesagt: "Der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland." Wie fanden Sie den Satz?
Zollitsch: Dahinter steckt eine Wahrheit. Wir haben etwa vier Millionen Menschen muslimischen Glaubens in Deutschland. Ich würde den Satz von Bundespräsident Wulff allerdings ergänzen: Ja, die Muslime wohnen bei uns und gehören zu uns. Gleichwohl sind sie vielen von uns oft fremd und ihre Integration steht in vielem noch aus, auch ihre Vertrautheit mit der jüdisch-christlichen Tradition und deren Werten. (...)"
komplett lesen:
Welt am Sonntag: "Der Islam ist in Mitteleuropa neu"

Also bemängelt Zollitsch an der Rede, dass nicht auf Integrationsmängel eingegangen wird. Letztlich vielleicht beschönigt wird. Und was sagte Wulff:

Montag, 11. Oktober 2010

Istanbul als neues Vorbild für Wien

Bosporus mit Brücke und Finanzzentrum vom Çamlıca-Hügel
Hört hört. In Wien hat es nicht nur einen Rechtsruck durch immense Zugewinne der rechtspopulistischen FPÖ gegeben, es wird auch bei Verkehrsprojekten in das Land geschaut, welches doch angeblich dabei ist, Wien erneut zu belagern...

Nur eine kurze Meldung, für mich aber erstaunlich und neu:

"Istanbul als neues Vorbild für Wien 
Mega-Verkehrsprojekt: Die türkische Stadt ist Staumetropole. Wie in Wien wird gestritten, ob Tunnels oder Brücken sinnvoller sind.

Wien darf nicht Istanbul werden, plakatierte einst die FPÖ. Schaut man sich die Stauhölle in der 15-Millionen-Einwohner-Stadt an, mag das in diesem Fall sogar stimmen: Denn praktisch 24 Stunden am Tag gibt es dort Mega-Stau. (...)

Wien kann von der aufstrebenden türkischen Metropole dennoch einiges lernen, wie selbst die beiden Asfinag-Vorstände bei einer Studienreise vergangene Woche befanden. Denn die Stauhochburg hat Lösungen gefunden, um dem Wahnsinn etwas entgegenzustellen: Jeder Anrufer bei der hochmodernen Verkehrsleitzentrale bekommt Auskunft über die aktuell beste Route. Über Smartphones kann in Echtzeit eine Staukarte für alle wichtigen Routen abgerufen werden, sogar die Fahrzeugdichte und ein Kamerabild für jeden Kilometer wird auf Knopfdruck angezeigt. Auch die Polizei schaut mit und straft direkt von den Verkehrsüberwachungsbildern herunter (etwa bei Rotlichtsündern), die Geldbußen sind dabei höher als in Österreichs Städten. (...)"

komplett im Kurier - Österreich


(Bildquelle: Wikimedia Commons)

Art of the Islamic World - Auktionen der islamischen Kunst

Letzte Woche war es wieder soweit: Wie jedes Frühjahr und jeden Herbst, fanden in London bei den beiden größten Auktionshäusern Sotheby's und Christie's zum Teil wieder spektakuläre Auktionen mit Kunst aus dem islamischen Kulturraum statt.

Komisch, dass in den Zeitungen darüber so gut wie gar nicht berichtet wird. Das war vor 10 Jahren noch anders, da waren die Feuilletons der Zeitungen mit Lesern aus dem gehobenen Bildungsbürgertum voll von wenigstens kurzen Meldungen. Vielleicht verkauft sich heutzutage eine Meldung mit dem Stichwort Islam und keiner negativen Begleiterscheinung nicht mehr... weder beim Leser, noch beim Chefredakteur?
Nasridisches Schwert, 14. oder 15. Jh, National. Archäol. lmuseum, Madrid


Eigentlich wollte ich euch auch gar keine Zeitungsmeldungen vorstellen, sondern nur auf die tollen Online-Kataloge hinweisen. Ich brauche auch keine Zeitungen, um mich jedes Jahr zweimal auf diese Highlights in meinem Kalender zu freuen.

Nun habe ich aber doch noch einen interessanten Artikel gefunden, der wenigstens Einblicke bietet, auch für diejenigen, deren Englisch nicht so prickelnd ist:

"Unworte bereiten Untaten den Boden."


"Sie sind geblieben - und die meisten auch zu unser aller Vorteil"

Gläubige türkische Muslime, hier in der Disko Reina, Istanbul

Meine Damen und Herren,

  • 30 Prozent aller Kinder an deutschen Schulen stammen aus zugewanderten oder kürzlich eingebürgerten Familien. An manchen Schulen sind es sogar 60 Prozent und mehr.
  • [Im Jahre] ABCD1 und ABCD2  haben mehr Menschen aus anderen Ländern Deutschland verlassen, als Menschen neu zu uns gekommen sind.
  • Von ABCD3 bis ABCD4 haben 50 % aller Asylbewerber innerhalb der Europäischen Union in Deutschland um Asyl nachgesucht. [Im Jahre] ABCD5 war es ein gutes Viertel.
  • Von allen, die bei uns Asyl suchen, werden vom zuständigen Bundesamt etwa 4 % anerkannt.
  • Allein Türken haben in Deutschland etwa 50.000 Betriebe gegründet und 200.000 Arbeitsplätze geschaffen.
  • Der deutschen Wirtschaft werden in Zukunft qualifizierte Arbeitskräfte fehlen.

Das sind sechs ganz unterschiedliche Feststellungen über die Wirklichkeit in Deutschland - und doch stehen sie in einem großen Zusammenhang.
Zuwanderung, Einwanderung, Flüchtlingskontingente, Zuzugsbegrenzung, Integration, Green-Card, Asyl, Abschiebung, Rückführung - diese Stichworte bestimmen seit vielen Jahren immer wieder, in Schüben, die politische Diskussion. (...)

Mehr als sieben Millionen Ausländer leben in Deutschland. Sie haben unsere Gesellschaft in den vergangenen Jahren verändert. Doch wir denken zu wenig darüber nach, was das für das Zusammenleben in unserem Land insgesamt bedeutet. Und wir handeln zu wenig danach. (...)

Erfolgreich können wir nur dann handeln, wenn wir zwei Haltungen überwinden, die zu weit verbreitet sind:
Wir müssen Unsicherheit und Angst überwinden, die manchmal zu Fremdenfeindschaft, zu Hass und Gewalt führen.
Wir müssen eine falsch verstandene Ausländerfreundlichkeit überwinden, die so tut, als gebe es überhaupt keine Probleme und Konflikte, wenn Menschen unterschiedlicher Herkunft zusammenleben. (...)