Titelbilder schaffen mächtige Bilder in den Köpfen (bitte auf Grafik klicken, um auch die Untertitel erkennen zu können) |
Dieses ist hinreichend durch empirische Studien untersucht worden, worauf ich im Blog mehrfach hingewiesen habe.
Zum Beispiel:
- Massenmedien, Migration und Integration: Herausforderungen für Journalismus ... Von Gudrun Hentges, Christoph Butterwegge (googlebooks)
- Das Islambild in Deutschland. Zum öffentlichen Umgang mit der Angst vor dem Islam 2008 – Heiner Bielefeldt (pdf)
- Das Gewalt- und Konfliktbild des Islams bei ARD und ZDF 2007 (pdf)
- BpB: Aus Politik und Zeitgeschichte (APuZ 20/2005): Der Islam in deutschen Medien
- Medien und Straftaten. Vorschläge zur Vermeidung diskriminierender Berichterstattung über Einwanderer und Flüchtlinge. Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung 1999 (pdf)
- Mediennutzung von Migranten in Deutschland: Integrationsreport, T. 8. Worbs, Susanne / Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge; Nürnberg: 2010 [Arbeitspapier]
Etc.
Also ergibt sich aus oben gesagtem, dass der Ansatz gelten muss, dass die Medien, die als vierte Säule im Staatsgefüge gelten, ihrer Verantwortung wesentlich seriöser gerecht werden, als es bislang der Fall war. Dies bedeutet keinesfalls Zensur, dieses bedeutet auch keine Unterschlagung von Integrationsproblemen oder internationalen Konflikten. Dieses bedeutet lediglich, dass die Medien einerseits ihre Grafiker, Photographen und Kameraleuten zu mehr Phantasie ermutigen sollten, bzw. den Bildredakteuren Richtlinien zur Auswahl von Bildern an die Hand geben sollten. Denn die Migranten laufen zum Beispiel mehrheitlich ohne Kopftücher herum, warum also immer diese Symbolbilder? Außerdem müssen die Medien ihre Themensetzungen mal überdenken. Früher hatten die Medien die Aufgabe uns Bürger die Welt zu erklären, uns in die Vielfalt der Welt mitzunehmen, wichtige Nachrichten von unwichtigen zu trennen, uns ein Bild der Realität aufzuzeigen, und kein Zerrbild! Wenn es hierzulande gerade mal mehrere Dutzend Burka-Trägerinnen gibt, dann erschließt es sich mir nicht, warum selbst sogenannte "Leitmedien" dieses großmächtig thematisieren müssen. Werden in diesen Medien auch die Vermummungen der Autonomen über Jahre hinweg immer wieder thematisiert? Dazu kommt noch, dass diese Burkas in der Bildauswahl überproportional vertreten sind. Bei einem Anteil von unter einer Promille unter den muslimischen Kopfbedeckungen, wird somit ein Zerrbild der Realität beim Zuschauer generiert.
Wir können die Integrationsbemühungen noch so intensivieren, wir können die Anti-Diskriminierungsgesetze noch so verschärfen, wenn wir nicht an einer der Hauptursachen des Feindbildes Islam in der Gesellschaft ansetzen, dann wird sich dieses Angstbild vom Islam oder den Migranten nicht nachhaltig ändern. Und bei diesen Ursachen haben die Medien einen erheblichen Anteil.
Einige wenigen Medien haben nach dem Attentat des Terroristen Anders Breivik in Oslo angefangen über ihre eigene Rolle beim Schüren dieses Feindbildes nachzudenken, denn immerhin beziehen sich die Islamfeinde, die Rechtspopulisten eben nicht auf akademische Studien bei ihrer Wahrnehmung der Realität, sondern sie picken sich aus den Massenmedien diejenigen Stimmen heraus, die ihre Angst befeuern können. Und vielen sind selbst diese Massenmedien noch zu "zahm", zu "islamfreundlich", sofern diese rechtspopulistischen Hetzer jeglichen Sinn für die Realität zugunsten einer schon bald wahnhaften Paranoia verloren haben. Verloren im Tunnelblick sich selbst verstärkenden gegenseitigen Anstachelung.
Doch letztlich muss man leider davon ausgehen, dass bei den Medien alles beim Alten bleibt - das Tagesgeschäft ist zu schnell zum Innehalten und zur Selbstreflexion. Vor allem auch deshalb, weil spätestens seit der Liberalisierung des Fernsehens in den 1980er Jahren und der weiten Verbreitung des Internets Ende der 1990er der Konkurrenzkampf unter den Medien sehr viel größer geworden ist. Und damit der ökonomische Druck. Und damit scheinbar auch das Vernachlässigen ihrer pädagogischen, aufklärerischen und stützenden Aufgabe als vierte Säule im Staate. Denn mit Schüren von Ängsten, von Schüren von Feindbildern, von Pauschalisierungen und Verbreitung von Stereotypen lässt sich offenbar die Auflage, die Einschaltquote steigern, und damit der ökonomische Gewinn. Ein Teufelskreis!
Auch in den Zeitungen/Zeitschriften selber findet sich eine unsägliche Bildsprache, hier ein "dämonisches Gespenst Islam" in dem "Spiegel", und der Reichstag mit Minaretten und Halbmond in der "BILD" |
Wie die Medien "zähmen", ohne Zensur? Wie optisch und verbal "abrüsten"?
Obige Untersuchungen geben schon einige Hinweise und Ratschläge. Daneben sollte man den Presserat, der meines Wissens nach durch die Medien selber bestückt ist, eventuell unabhängig machen. Es ist meistens nicht gut, wenn Industrien sich selber kontrollieren dürfen, egal ob in der Finanz-, Atom-, oder Medienindustrie. Daneben sollten Presserügen mit empfindlicheren Strafen versehen werden, damit z.B. die BILD-Zeitung sich nicht andauernd z.B. über Persönlichkeitsrechte hinwegsetzen kann und sich eher verpflichtet fühlt sich an Recht und Gesetz zu halten als sie es bislang tut; eben weil ihr Gewinn durch Schlagzeilen die Geldstrafen weit übertreffen. Man sollte auch Medienblogs viel mehr beachten, die auf Missstände, Entgleisungen, oder Desinformation sowohl zeitnah, als auch über einen längeren Zeitraum aufmerksam machen. Berühmt ist das Beispiel des Bildblogs. Es gibt aber inzwischen auch interne Watchblogs der Zeitungsverlage.
Auch die Mediensendung ZAPP des NDR sollte nicht nur durch Entscheidungsträger, sondern auch durch die Medien selber verstärkt Beachtung finden, vielleicht noch mehr Formate solch einer Sendung produzieren. Ebenso unter anderem diese Sendung in der Bildungsarbeit stärker einbinden.
Die Menschen müssten mehr über die Mechanismen der Kommunikation und der Abläufe der Massenmedien erfahren, damit sie die Wirkung besser einschätzen lernen und sich der suggerierten Bilder auch besser erwehren können.
Das ist nur eine kleine Auswahl an Titeln im deutschen Pressewald |
Und da sind wir schon beim nächsten Punkt: Die Ausbildung der Journalisten sollte verbessert werden. Es kann nicht angehen, dass alle Studenten, die ihr Studium abgebrochen haben, immer bei den Medien landen. Bei den meisten mag dieses durchaus gerechtfertigt sein, doch habe ich den Eindruck, dass den meisten im Vergleich zu den Journalisten von vor 20 Jahren doch eine gewisse Allgemeinbildung fehlt, von Spezialwissen ganz zu schweigen. Mir scheint, der investigative Journalist, als auch der Fachjournalist stirbt zusehens aus. Oder er fristet sein Dasein im Internet und verdient seine Brötchen inzwischen durch einen anderen Beruf.
Es sollte überlegt werden, ob nicht für alle Massenmedien der Medienkodex zum Beispiel des Journalistenvereins Netzwerk Recherche e.V. verbindlich übernommen werden sollte. Viele Medien haben sicherlich ähnliche Empfehlungen für ihre journalistische Arbeit, doch scheint mir, dass zu wenig auf deren Umsetzung geachtet wird.
Stellvertretend für diverse oben schon verlinkte Untersuchungen, weitere Zeitungsartikel oder TV-Beiträge, hier nun einige mehr oder minder willkürliche Zitate aus einer Artikelserie der Medienwissenschaftlerin Sabine Schiffer, die sich besonders der Bildsprache widmete - schaut bitte auch in meine Artikelserie Feindbild Islam, wo ihr u.a. ihre Vorträge als Online-Videos anschauen könnt, z.B. bezüglich der Bildsprache des Peter Scholl-Latour und anderer im Text erwähnten Beispiele:
Einleitend schreibt die Zeitung vorsorglich:
Dieser Beitrag könnte dazu geeignet sein, das Feindbild „Islam“ durch das Feindbild „Medien“ zu ersetzen. Denn auf Grund der Auswahl der Beispiele aus dem Mediendiskurs über Islam und Muslime in Deutschland kann man den Eindruck gewinnen, dass „DIE Medien“, die es natürlich ebenso wenig gibt, wie „DEN Islam“, an allem schuld seien. Medien als Teil und Spiegel der öffentlichen Diskussion haben natürlich eine große Verantwortung, weil sie - in der Regel abhängig von den Produktionsbedingungen - die Diskussion auch stark beeinflussen. Unsere dreiteilige Serie fokussiert - ganz „medienmäßig“ - bestimmte problematische Aspekte der Darstellung von Islam und Muslimen und lässt bewusst die guten Bemühungen und gelungenen differenzierten Beispiele außen vor. – Die RedaktionAlle Zitate aus:
Medien
Reflexe und Reflexionen über Islam in den Medien – Teil I
Hauptthema Gewalt
Von Dr. Sabine Schiffer
Medien
Reflexe und Reflexionen über Islam in den Medien – Teil II
Kolportierung von Angstszenarien
Medien
Reflexe und Reflexionen über Islam in den Medien – Teil III
Betont wird immer das Trennende
Was die Redaktion schreibt ist natürlich richtig. DIE Medien sind nicht allein verantwortlich für Xenophphobie, daneben haben sie aber neben den Politikern eine besondere Verantwortung. Zum Beispiel haben die Medien auch in der Auswahl der Interviewpartner, denen sie oft unzulässig ein bundesweites Forum bieten, große Verantwortung. Sowohl Straftäter erhalten somit öfters eine Bühne, die sie früher so nicht bundesweit "genossen", als auch Provinzpolitiker oder unbedeutende Wissenschaftler oder Publizisten erhalten somit eine Aufmerksamkeit, die sich mit dem Sachstand oder zum Beispiel der vorherrschenden wissenschaftlichen Meinung überhaupt nicht deckt.
Wieso erhalten Laien so viel mehr Bühnen in den Medien, als Fachleute? Weil es die Ökonomie der Zeitung gut tut?
Vor allem: Es ist zwar seit dem 11. September 2001 eine Zunahme von Islamophobie und vor allem von Medientiteln wahrnehmbar, aber neu ist diese mediale Aufbereitung des Themas Ausländer, Islam, Migranten nicht, wie ich hier in diesem Blogpost schon darlegte:
"Ein Türke rief an: 'Großen Hunger, ich fressen Kater'"
BILD vom 31.7.1973: GASTARBEITER AM STEUER: TRÜMMER UND TOTEUsw.
BILD vom 11.6.1975: VON 80 TÜRKEN VERGEWALTIGT!
BILD vom 20.8.1976: NOCH EINE MILLION TÜRKEN WOLLEN ZU UNS KOMMEN!
BILD vom 18.7.1977: TÜRKE HATTE WASCHMASCHINE UND HALBES AUTO ALS HANDGEPÄCK
BILD vom 29.7.1978: KOFFER, KISTEN, KÜHLSCHRANK – VORSICHT, DIE TÜRKEN KOMMEN
BILD vom 31.8.1978: In Mannheim sind 180 Katzen spurlos verschwunden. EIN TÜRKE RIEF AN: GROSSEN HUNGER, ICH FRESSEN KATER
Lest in dem Post bitte weiter nach...
Um es nochmals zu betonen: Ich plädieren nicht (!) dazu irgendetwas zu verschweigen, was hierzulande oder in der Welt passiert. Ich plädiere nur, diese Ereignisse auch journalistisch auf hohem Niveau einzuordnen und zu präsentieren. Uns zu erklären. Dabei Fachleute zu konsultieren, wenn die Journalisten es nicht verstehen sollten. Inklusive einer adäquaten Bebilderung.
Wesentlich durch Auslandsberichterstattung geprägt
Obwohl das Islambild nicht einhellig ist, gibt es eine Konstanz in der Gewaltdominanz als Hauptthema der Thematisierung „des Islams“. Kai Hafez hat ermittelt, dass 50% der Presseberichterstattung eine Verknüpfung der Themen Islam und Gewalt anbieten (1)
"Gefährlicher Islam", "unheimlicher Islam", etc. Dazu sagt man auch: self-fulfilling prophecy |
Falsche Verallgemeinerungen
Aus einer einmal eingefahrenen Darstellungstradition sind inzwischen Sehgewohnheiten geworden, die wiederum bestimmen, was man aus dem vielfältigen Angebot der Eindrücke in Zukunft auswählen und eben für wahr halten wird. Ein kohärentes, geschlossenes System, das sich selbst bestätigt – ein Teufelskreis der Wahrnehmung, aus dem aber Überzeugungen erwachsen können. Und obwohl diese hauptsächlich auf Fakten beruhen, können sie doch zu gänzlich falschen Verallgemeinerungen führen. Und auch das gilt wiederum für dieses Thema ebenso wie für Mediendarstellungen überhaupt: auch das Bild, das man sich über „die Medien“ selbst macht, ist auch auf Grund der starken Fragmentierung von vielfältigen Medieneindrücken ein selektives und häufig selbstbestätigendes – entsprechend unseren subjektiven Zuwendungsmechanismen.
Diese Titelbildgestaltungen, diese Stigmatisierungen, werden in dieser Zeitschrift Gazelle einmal durch das Titelbild selber thematisiert:
Elegant angezogener Muslim? In der Realität öfters, als auf Titelbildern |
Kommen wir noch einmal zurück zum bereits in Folge II erwähnten Stern mit dem Titel „Unbekannte Nachbarn“. Der sicherlich nicht so schlechte Heftinhalt, der etwas mehr Vielfalt bei muslimischen Protagonisten zulässt, verbleibt doch in der Beschreibungsstruktur eines Objekts der Betrachtung: „Wer sie sind, wie sie denken, wie sie leben.“ Sie, die anderen also. Dies ist ein gutes Beispiel über die Auswirkungen auch des wohlmeinenden Diskurses und auch unserer Thematisierungen hier, wie die Soziologen Butterwegge und Hentges den Mechanismus beschreiben (1). Wir alle verfestigen damit die antagonistische Wahrnehmung, das Trennende, das „wir“ vs. „ihr“ – allein schon durch die explizite Thematisierung. Eine explizite Thematisierung widerspricht einer Wahrnehmung als Normalität.
So auch gut gemeinte Äußerungen wie „Die Mehrzahl der Muslime ist friedliebend.“ Natürlich sind sie das! Wenn ich es aber extra erwähnen muss, dann ist bereits suggeriert, dass diese Erwähnung relevant sei – und damit wird wiederum der Eindruck verstärkt, dass man das in Bezug auf Muslime extra sagen müsse. Hier wird das Dilemma deutlich, in dem wir alle stecken und dessen Lösung wir nicht allein von Medienseite erwarten können. Hier haben wir uns bereits in eine diskursive Sackgasse manövriert, in der Einteilungen, die eigentlich immer themenabhängig und damit temporär sind, sich verselbständigt haben.
Markieren der Religionszugehörigkeit…
Manchmal kann man die Wirkung von Bildern oder Texten als "Nichtbetroffener" am besten verstehen, indem man mal die Vorzeichen umkehrt, also die gleiche Bildsprache oder die gleiche Schreibweise in einen anderen Kontext setzt. Dieses hier ist ein Versuch, den ich im Internet gefunden habe. Er ist vielleicht nicht so geschmackvoll, oder lustig, aber es wird deutlich, was ich damit meinte:
SPIEGEL: Das Christentum - Religion des Friedens oder Terrorsekte |
Ganz früh hatte dem allgemeinen TV-Publikum zur Jahreswende 2007 diese Medienwirkung schon Hagen Rether vorgeführt. Dabei hielt er einige der obigen Titel in die Kamera der teilweise verdutzten Zuschauer, und lavierte zwischen Zynismus, Sarkasmus und Ernsthaftigkeit, so dass die meisten Zuschauern nicht wussten, ob sie lachen oder nicht lachen sollten...
Teilweise weise Worte... Kennen sicherlich die meisten von euch, ansonsten unbedingt anschauen.
Zum Abschluss noch eine Ergänzung, die ein wenig Hoffnung auf Besserung verspricht, obwohl ich durchaus skeptisch bin, denn Klischees halten sich beinahe "unausrottbar", wie man an den vielen Orient-Klischees des schon lange verstorbenen Karl May in der Bevölkerung quer durch alle Schichten erkennen kann.
Dazu wurde von der Zeitschrift Zenith, eine Zeitschrift die von Orientalisten gegründet und betrieben wird, ein Fotopreis ausgeschrieben:
Der zenith-Fotopreis »Islam in Deutschland«
Ob der Islam nun zu Deutschland gehört oder nicht, wird kontrovers diskutiert. Die Positionen der Meinungsführer sind bekannt – aber welche Berührungen haben die Menschen mit dieser Religion und wie sieht die Lebenswirklichkeit von Muslimen aus?
Der erste bundesweite zenith-Fotopreis sucht Fotografen und Fotografie-Begeisterte, die mit einer Foto-Serie, Foto-Reportage oder Foto-Story ihren Beitrag zur Debatte leisten: frei, ergebnisoffen, kritisch, kontrovers und fast ohne Formatvorgaben.
Darunter auch eine hochkarätig besetzte Jury, die deutlich macht, dass dieses mal vielleicht eine größere Aufmerksamkeit erreicht werden könnte:
- Ruth Eichhorn, Bildchefin, GEO-Magazin
- Andreas Trampe, Bildchef, Stern-Magazin
- Bernd von Jutrczenka, Bildchef, dpa
- Rolf Nobel, Fotografieprofessor an der FH Hannover und Gründer von Lumix – Festival für jungen Fotojournalismus
- Sonja Streit, Bildchefin, Reportage und Reise, Brigitte-Magazin
- Thomas Höpker, Agentur Magnum
- Marcel Mettelsiefen, Bildchef, zenith
- Margot Klingsporn, Geschäftsführerin, Agentur Focus
- Heinrich Völkel, Reportagefotograf, Agentur Ostkreuz
Bei islam.de gab es jüngst dazu ein interessantes Interview mit dem Geschäftsführer des Deutschen Levante Verlages, Jörg Schäffer, der erläuterte, was die Ziele des Fotowettbewerb sind, wer die Medienpartner sind:
Jörg Schäffer: Alle Einsendungen werden auf zenithonline.de veröffentlicht. Die besten zehn bis zwanzig Fotos schaffen es dann auch in einen Fotoband, den wir zur Dokumentation des Foto-Preises veröffentlichen und allen Teilnehmern kostenlos zusenden werden. Darüber hinaus werden diese auf den Onlineseiten unserer Medienpartner des Nachrichtenmagazins DER SPIEGEL und des Wochenmagazins Der Freitag veröffentlicht. Der Gewinner schafft es sogar ins zenith-Magazin selbst. Ebenfalls ist eine internationale Wanderausstellung geplant. ...
„Was im Kopf bleibt ist das Bild“
Interview über den Zenith Fotowettbewerb „Islam in Deutschland?“ mit dem Geschäftsführer des Deutschen Levante Verlages, Jörg Schäffer.
islam.de: Wie kam es zu der Idee für diesen Wettbewerb?
Jörg Schäffer: Sie kam erstmals vor zwei Jahren auf. Schon damals hatten wir den Eindruck, dass die sogenannte Islam- und Integrations-Debatte teilweise völlig an den Lebenswirklichkeiten und der Alltagsrealität von in Deutschland lebenden Muslimen und Einwanderern vorbei führt. Geschrieben wird viel, auch sehr viel Kontroverses. Doch leider wird immer nur über Menschen gesprochen, selten mit den Menschen, um die es dabei geht. So kommt man sich schnell als Spielball selbstherrlicher Schwadroneure vor, ohne aber dabei das Gefühl zu haben, dass man Teil der Diskussion ist. Dieses Momentum wollten wir durchbrechen und eine neue Diskussionsebene erreichen. Gleichzeitig wollten wir aber auch das Bild des Islams in den Medien in Frage stellen. Ein journalistischer Artikel kann noch so differenziert sein und noch so gut recherchiert, entscheidet sich die Bildredaktion für ein Bild, das wieder nur Klischees reproduziert, ist der ganze Ansatz des Journalisten hin. Was im Kopf bleibt ist das Bild, nicht unbedingt der Artikel. Von daher möchten wir auch, dass Deutschlands Bildredakteure sich durch den Wettbewerb selbstkritisch hinterfragen, welche Aussagen mit welcher Bildauswahl sie eigentlich treffen. Ich bin sehr froh, dass Deutschlands wichtigste Bildredakteure diese Herausforderung angenommen haben und sich als Jury-Mitglieder für den Fotopreis zur Verfügung gestellt haben. Mit Ruth Eichhorn (Bildchefin des GEO-Magazins), Andreas Trampe (Bildchef vom Stern) und Bernd von Jutrczencka (Bildchef der Deutschen Presse Agentur) nenne ich nur einige der sehr prominent besetzten Jury.
islam.de: Warum haben Sie sich gerade für das Foto als Gegenstand der Ausschreibung entschieden?
Jörg Schäffer: Das Medium der Fotografie kann nicht nur Momentaufnahmen liefern, sondern ganze Geschichten erzählen. Und das ohne dabei ein Wort zu verlieren. Es ist still und gleichzeitig einprägender als jedes andere Medium. Wenn wir denken, denken wir auch in Bildern. Fotos sind daher ein mächtiges Instrument unsere Meinung und damit verbundene Gefühle zu steuern. Und, heutzutage kann jeder Fotos machen und damit das was einem bewegt und was man dabei fühlt zum Ausdruck bringen. Oder einfach nur einen Teil seiner Realität abbilden. Der Fotopreis ist somit am Ende auch ein gesellschaftliches Abbild dessen, wie das Bild über den Islam in Deutschland tatsächlich aussieht. Als Diskussionsbeitrag spielen Fotos natürlich auch deshalb eine wichtige Rolle, weil sie in unserer digitalisierten Welt schnell multipliziert und so von vielen Menschen, nicht nur in Deutschland, wahrgenommen werden. ...
Bitte hier weiter lesen.
Noch ein Nachtrag: Mir wurde eben ein Artikel von Sabine Schiffer zur Verfügung gestellt:
Der Einfluss von Medien(-darstellungen) auf das Verhältnis von Juden und Muslimen
Juden und Muslime haben nicht nur religiös viel gemeinsam, sie bilden auch jeweils in Deutschland eine Minderheit. Auf Grund der Geschichte Deutschlands, dem Holocaust, und der unterschiedlichen Größe der einzelnen Gruppen, werden beide Minderheiten aktuell jeweils anders behandelt – politisch und im (Medien-) Diskurs.
Diese unterschiedliche Behandlung wirkt auf die Mitglieder dieser jeweils heterogenen Gemeinschaften zurück. Darum werden wir im Hauptteil dieses Beitrags an ausgewählten Beispielen aus dem Diskurs über Juden und Muslime demonstrieren, welches Potenzial der teils widersprüchliche Umgang mit Äußerungen für die Intergruppen-Beziehungen birgt. ...
Hier kann man die Studie lesen.
Servus,
AntwortenLöschenam 26.07.2011 schrieb ich im Kommentarbereich von Spiegel Online zum Thema "Breiviks Lieblings-Blogs: Weltbild der Verschwörung" auch in Anlehnung an Dr. Schiffers Untersuchungen folgendes:
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Das "islamfeindliche Klima"
Natürlich gibt es dieses Klima, durch Sarrazin etc. verschärft. Es gibt die "Hassblogs", und es gibt noch mehr. Und natürlich gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Klima und der Tat in Norwegen. Da kommen "Fjordman" und "PI-News" nicht drumherum.
Aber was war davor? Wer hat noch an diesem Klima mitgestrickt?
Ich fall mal mit der Tür ins Haus. Der SPIEGEL! Ich erinnere einfach mal an folgende Titelstories:
"Mekka Deutschland - Die stille Islamisierung" 13/2007
"Der Koran - das mächtigste Buch der Welt" 52/2007 (im Artikel stand dann auch "...das gefährlichste Buch der Welt...")
"Das Prinzip Kopftuch - Muslime in Deutschland" 40/2003
"Der heilige Hass" 06/2006
oder auch schon 1973: "Gettos in Deutschland - Eine Million Türken"
Übrigens alle Titelbilder mit dunklem Hintergrund...oder mit vermummten oder verschleierten Gestalten im Vordergrund. Oder mit BEIDEM.
Aber da ist ja noch mehr als "nur" diese auffällige Häufung beim Spiegel (obwohl die Recherche dafür jetzt eher flüchtig war - da findet sich sicher noch mehr). Wie wärs mit dem Stern:
12.10.2006 "Muslime in Deutschland - unbekannte Nachbarn"
oder dem Focus:
10.04.2006 "Die Multikulti-Lüge"
In allen Stories wird u. a. immer wieder das Trennende betont, dem "ihr" das "wir" entgegengesetzt.
Wo ist das Bekenntnis zur Mitverantwortung, welches man jetzt von "den Blogs" einfordert?
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Inspiriert hat mich der Auftritt Hagen Rethers am 31.12.2007 im Scheibenwischer-Jahresrückblick.
Übrigens: Reaktion = Null. Weder von den Kommentatoren, noch von Spiegel Online.
Gruss DerFalke
http://derfalke.blogspot.com
Hi Der Falke. Ja, jetzt wo du es sagst, wollte ich auch das Hagen Rether Video noch einbinden, habe ich vergessen, weil Fussball kurz bevorstand.
AntwortenLöschenMir ist beim regelmäßigem Schauen von ZAPP (oder dem nachträglichem Schauen, dann eben im Netz) aufgefallen, dass doch die meisten Journalisten empfindlich reagieren, wenn es um ihre eigene Arbeit geht. Oder sie eben zumindest wenig auskunftsfreudig sind. Manchmal lassen sich schwer Interviewpartner finden, so zumindest die ZAPP-Redaktion. Ich denke ehrliche Selbstkritik ist sowieso eine der schwierigsten Dinge, die Menschen tun können. Zumindest kann man in den Medien ja mal mit Selbstreflexion anfangen. Mir würde da eine breite Diskussion sehr gefallen, denn ich sehe da einen zunehmenden Mangel an Medienkompetenz bei den Zuschauern/Lesern in Deutschland entstehen. Dieser ist nötiger denn je, denn wir haben nicht mehr nur 3 Fernsehprogramme mit einem Peter von Zahn, oder einen Hanns Joachim Friedrichs, die uns die Welt "vernünftig" erklärten. Siehe auch die Entwicklungen in den USA, wo ihr erst vorbildliches Journalistenwesen zunehmend verkam, bis hin zur Gleichschaltung der Medien nach dem 11. September und dem Irakkrieg, wo sie ihre "Wächterfunktionen" gänzlich "vergaßen"...
Jedenfalls danke für dein Feedback, und nun schaue ich mir mal dein Blog an... :)
Hach,
AntwortenLöschenda isses ja, das Video :-)
Gruss Der Falke