Diese "Afro-Amerikaner" werden übrigens nicht nur von den "weißen" Amerikanern so gesehen, sie werden nicht selten auch von den afro-amerikanischen Mitbürgern so gesehen, und ebenso bezeichnen sich viele recht hellhäutige Afro-Amerikaner selber als "Schwarz", als "Black", selbst wenn sie nicht viel anders aussehen wie Süditaliener
Ich muss zugeben, dass ich diese Zuschreibung "schwarz", "farbig", "afro-amerikanisch" auch oft mitmache, obwohl ich mich schon vor Jahren fragte, warum manche, die so gar nicht "afrikanisch" aussehen, immer noch als "schwarz" bezeichnet werden und wurden. Zum Beispiel Alicia Keys, die ich nie als "schwarze Musikerin" gesehen habe, bis eines Tages eine Moderation davon sprach.
Ein Tropfen auf das "heiße Eisen" des Rassismus
Ein Ausschnitt des Blogbeitrages:
Obama und Berry haben weiße Mütter, und Powell ist, dank seiner schottischen Vorfahren, hellhäutiger als ein Schwabinger Schickimicki mit Zehnerkarte fürs Bräunungsstudio. Wieso sehen wir sie als "schwarz", obwohl sie ebenso gut "weiß" sind? Weil wir auch im 21. Jahrhundert noch Rangordnungen der ethnischen Zurodnung in unseren Köpfen haben, die dem Europiden den obersten Platz zuteilt und alle andere "Rassen" als minderwertig = kontaminierend empfindet.
Colin Powell, "weiß" oder "schwarz"? "Wir" oder "Die"? |
Interessant im obigen Blogbeitrag sind auch die Kommentare - die ich mir normalerweise kaum durchlese, da sie nur selten konstruktiver Natur sind. Weiter im Blogpost:
Und ja, diese Vorstellung, dass schon ein Tropfen "geringerer" Rassen eine Kontaminierung des weißen Blutes darstelle, ist nach dem, was James Sidanius, Psychologieprofessor an derHarvard-Universität, gemeinsam mit seiner Kollegin Mahzarin Banaji, dem Doktoranden Arnold K. Ho sowie Daniel T. Levin von der Vanderbilt-Universität in Nashville (Tennessee) herausfanden, auch heute noch weit verbreitet.
Lest bitte den Artikel in den obigen Link weiter.
Weitere Information über das Phänomen, dass schon wenige Prozent "vererbter Ethnie" ausreichen, um aus der privilegierten Gruppe ausgeschlossen zu werden, siehe in diesem englischen Wikipedia-Eintrag: Hypodescent.
Nun, bei Kindern hierzulande aus binationalen Ehen (erste Anlaufstelle für praktische Infos wäre die IAF) - zum Beispiel deutsch-türkische "Mischlings"-Kinder - kommt eher weniger die Stigmatisierung oder die Zuschreibung zur als minderwertig angesehenen Gruppe als bei den sogenannten "gemischten" Afro-Amerikanern zum Tragen, denn man sieht ihnen vielfach einfach gar nicht an, dass sie halb oder viertel, usw. türkischer Abstammung sind. Sie sehen nicht anders aus, wie Markus Söder, oder den verkappten Uiguren Günther Beckstein... ;-)
Dieses ändert sich aber in dem Moment, wo sie einen türkischen Namensbestandteil haben, sei es einen Nachnamen, oder einen Vornamen. Wer jemals mit deutsch-türkischen Mischlingen persönlichen Kontakt hatte, vor allem diejenigen, die einen türkischen Namen tragen, der kennt unzählige Geschichten, wo oft die Zuschreibung zur türkischen Gruppe stattfand, obwohl eigentlich die Chance 50:50 % bestand, dass man mit gleichem Recht jemanden als zur deutschen Gruppe zugerechnet hätte können. (Im Grunde ist diese Zuschreibung natürlich großer Quatsch, zeigt aber einmal mehr, wie sehr noch die Vorstellung der Einteilung in Gruppen oder Ethnien nach "dem Blute" in Deutschland verankert ist. Siehe auch hier, wo ich im 2. Teil des Posts den Kulturbegriff erläuterte, der heute jedoch gegenüber einen Kulturalismus als Neorassismus immer mehr ins Hintertreffen in den öffentlichen Debatten und der Praxis auf der Strasse gerät.)
Wer kennt aus diesen Mischlingskreisen nicht die Sätze "Ach, du bist Türke?", nachdem man seinen Namen nannte?
Nun reagieren natürlich nicht alle Deutschen in dieser Weise, dass muss man sich immer bewusst machen, auch wenn die Deutschtürken natürlich in ihrer selektiven Wahrnehmung eher die Negativerlebnisse im Gedächtnis behalten. Oft wird auf die ethnische Herkunft, ob nun halb türkisch, viertel, oder zur Gänze, gar nicht näher eingegangen. Mal, weil es tatsächlich für den Gesprächspartner nicht die geringste Rolle spielt, oft aber auch, weil dieser seine Gedanken dem Deutschtürken nicht offenbart. Dieses erfährt man gegebenenfalls eher hintenrum, dass im Bekanntenkreis, unter Kollegen dann herauskommt, dass man als "der Türke" durch eben diesen Gesprächspartner zugeordnet wird.
Dazu passt auch wunderbar dieser Artikel der FAZ:
Was sagt Mehmet Scholl zu Sarrazin?
Die Antwort ist: nichts. Die meisten Deutschen mit türkischer Familiengeschichte beteiligen sich an der Integrationsdebatte nicht. Sie sind schon integriert, fühlen sich aber als Minderheit.
(...)
Alle fühlten sich zum Mitreden berufen. Alle? Nicht alle! Es gibt ein gallisches Dorf, das die Ausnahme bildet. Es wird bewohnt von sogenannten Mehmet-Scholl-Türken. Diese sind meist junge Leute mit Migrationshintergrund, haben fast keinerlei Bezug zu ihrer ursprünglichen Herkunft und sprechen die Sprache, die ihr Name suggeriert, nur schlecht oder gar nicht. So wie Mehmet Scholl eben. Warum aber hört man von diesem Teil der Bevölkerung in dem ganzen Getöse um Integration eigentlich nichts? Warum sitzen sie nicht bei Anne Will auf dem Sofa?
(...)
Für einen Mehmet-Scholl-Türken stellt sich nicht die Frage, ob Merkel oder Erdogan, Deutschland oder die Türkei, sondern VfB Stuttgart oder Werder Bremen, Riester-Rente oder Bausparvertrag. Sie haben zwar irgendwo im Regal auch ein verstaubtes Grundgesetz herumliegen, viel eher aber googeln sie den Bußgeldkatalog der Straßenverkehrsordnung. Kurzum: Mehmet-Scholl-Türken sind nicht selten deutscher als die Deutschen.
„Mehmet Scholl ist ja aber kein richtiger Türke“, mögen die Kritiker jetzt entgegnen. „Du bist ja eine Ausnahme“ ist ein Satz, den jeder Mehmet-Scholl-Türke nur zu gut kennt. (...)
(Bildquellen: Wikimedia Commons und flickr mit CC-Lizenz)
Ja, wieso ist jemand wie Obama oder Powell für uns ein Schwarzer? - Es ist genauso logisch, die beiden als Weiße zu sehen.
AntwortenLöschenDer Gedanke ist wohl für die meisten "Weißen" ungewöhnlich, aber ich finde, wir sollten ihn ganz penetrant in die Diskussion bringen.
Die Sache hat noch eine andere Seite. Vielleicht wollen ja Obama und Powell Schwarze sein und als Schwarze gesehen werden?
Wäre ich ein Deutsch-Türke, würde ich darauf bestehen, dass ich ein Deutscher UND ein Türke bin. Wieso soll man nicht beides zugleich sein können?
Wäre ich ein "Mischling", der Vater Deutscher, die Mutter Türkin, würde ich sagen: Zwei-Drittel-Ein-Drittel. Ich bin dann 1. Deutscher als Staatsbürger, 2. halb Deutscher ethnisch, 3. halb Türke ethnisch.
Die Sache verkompliziert sich vielleicht noch einmal, wenn man an die Kultur denkt. Wer in Deutschland aufgewachsen ist, hier in die Schule gegangen ist, ist eigentlich auch kulturell mehr Deutscher als Türke, das Ethnische ist eigentlich nicht sonderlich relevant fürs wirkliche Leben, außer man bildet sich was drauf ein.
Zu guter Letzt könnte man sagen: Mein Gott, überlassen wir's doch dem einzelnen, wie er oder sie sich definieren will.
Ja, du hast mit deinem Einwand völlig recht. Oben ging es auch primär um Fremdzuschreibungen. Ob jemand als zur Gruppe zugehörig empfunden wird oder nicht. Und wenn man voll türkischer Abstammung ist, und nicht nur zum Beispiel ein Viertel, dann ist die Sache für die Zuschreibung zu einer Gruppe für die meisten (Deutschen) sowieso klar. In ihrer ganz eigenen Logik, wenn sie denn noch dem obsoletem Rassenmodell ihrer Großeltern anhängen würden, dann müssten sie aber eigentlich z.B. einen Viertel-Türken als eher deutsch ansehen. Tun aber viele nicht, da er "kontaminiert" ist, wie der Science-Blog es beschreibt.
AntwortenLöschenWer nicht diesem veralteten Rasse-Denkmodell verhaftet ist, der sieht ggf. natürlich auch einen zur Gänze Türkischstämmigen als vollwertigen und gleichberechtigen Deutschen an. Für diejenigen ist dann der Blogartikel auch irrelevant.
Und wie du richtig sagst, letztlich können sich Individuen jeglicher Gruppe zuordnen wie sie es selber möchten. Nicht wenige "schwarze" Rapper gehen sogar noch einen Schritt weiter und nennen sich gegenseitig Nigga. Aber das ist dann ihre Entscheidung, und keine direkte Fremdzuschreibung, auch wenn natürlich die Umgebung das "Einigeln" in eine gewisse Community stark befördern kann und Identitäten für diese Gruppen schafft, die vielleicht anders wären, würde die Mehrheitsgesellschaft nicht sprachlichh, sozial, gesellschaftlich, usw. ausgrenzen in "Die" und "Wir".
Ich bin ein Türke und würde sagen, das ich von der Hautfarbe her etwas dunkler als Alcia Keys bin die ja bekanntlich zu den schwarzen zählt genausowie Obama (obwohl ich sagen kann das ich genauso dunkel wie er). Trotzdem gehören die Türken,Araber,Perser usw. so gesehen ja zu den ,,Weissen,, bzw. sind dunkelhäutige Weisse.
AntwortenLöschenIch bin in Bolivien geboren und lebe seit 11 Jahren in Deutschland, ich fühle mich assimiliert und beschäftige mich kaum noch mit Bolivien, eigentlich nur wenn es um Fußball geht(aber der DFB ist auch hier meine Nr.1).
AntwortenLöschenDennoch werde ich so gut wie immer als "Bolivianer" gesehen und alle fragen mich beim ersten Treffen "Wo kommst du her?". Das stört mich aber überhaupt nicht. Ich finde das nicht rassitisch, sondern völlig normal.
Woher soll denn ein Deutscher wissen, dass eine Person mit ausländischem Aussehen und ausländischem Namen als "Deutscher" identifiziert? Man weiß ja meistens nicht mal, ob besagte Person einen deutschen Pass hat! Ich reagiere genauso, wenn ich "ausländischaussehende" Personen treffe. Das ist nicht "sekundärer" Rassismus, sondern einfach nur Gewöhnung. Wenn man nicht weiß, wie sich der gegenüber identifiziert, orientiert man sich an seinem Aussehen oder Namen. Und bei allem Respekt: So viele Binationale und assimilierte Deutsche gibt es noch nicht, als dass man sie als "völlig normal" betrachen könnte.
Wahrscheinlich ist in der Tat meistens keine besondere Absicht dahinter, wenn man zuerst fragt, woher man komme, wenn man ein fremdländisches Aussehen hat (wurde Markus Söder auch schon mal gefragt, ob er aus Italien stamme, bevor er prominent wurde? Dasselbe bei Robin Dutt? Ich könnte viele Deutsche aufzählen, die durchaus südländischer aussehen, als so mancher Südländer... ;)). Gleichzeitig macht sich dieses Verhalten oft am Namen bemerkbar. Von vielen diversen Szenen können Migranten sicher berichten, sei es die Überraschung, wenn man vorher nur telefonierte, und sich dann gegenübersteht, sei es bei Bewerbungen, sei es wenn erstmalig ein fremdländischer Nachname nach einer Zeit des längerem Kontaktes genannt wird ("Ach, du bist Türke, Nils???"), usw.
AntwortenLöschenDieses passiert halt, aber manchmal ergibt sich daraus eine leichte oder stärkere Verschiebung der Sicht auf einen. Das ist manchmal gar so stark, so stark negativ, dass die eigene Herkunft verleugnet wird. So bezeichnen sich nicht selten junge Männer auf Partys oder Diskos als Italiener, statt als Albaner oder Türken oder Kurden, oder Portugiesen statt Marokkaner, denn sie haben gemerkt, dass sie als Türken, etc. kaum Chancen beim Anbaggern hatten.
Die Gegenteilige Erfahrung konnte und kann man hingegen in der Türkei als Deutscher feststellen.
Dort wird auch oft, eigentlich immer gefragt, woher man komme, zumal wenn man wie ein Tourist in abgelegenen Orten rumläuft. Und wie ist dort die Reaktion (in den letzten 15-20 Jahren seit Mölln, Solingen, Hoyerswerda, usw. etwas verschlechtert...): Meistens sehr positiv! Man wird besonders bevorzugt behandelt, man erhält Einladungen zu sich nach Hause zum Tee, man bekommt zu hören, dass der und jener Verwandte auch in Deutschland arbeitet, etc. Im Gegensatz zu Deutschland, wo bei bestimmten Migranten innerlich oder auch äußerlich die Mundwinkel nach unten gehen, sobald man hörte woher man kommt, gehen in der Türkei die Mundwinkel nach oben, sobald man hört man wäre Deutscher!
Das ist schon ein Unterschied...
Du als bolivianischer Migrant (blödes Wort, wir waren alle mal Migranten!) wirst auch weniger die Erfahrungen von muslimischen Migranten (oder auch christlichen Orientalen, die meist in denselben Topf dieser Denkschubladen landen) machen, insofern sei "froh" darüber... :-)
Siehe auch:
Gegoogelt und abgestempelt
Plötzlich wurden Nils bei Bewerbungsgesprächen seltsame Fragen gestellt - zu Juden und seinem Frauenbild.