Erzbischof Robert Zollitsch |
"Welt am Sonntag: Bundespräsident Christian Wulff hat beim Staatsakt zur deutschen Einheit heute vor einer Woche, am 3. Oktober, in Bremen gesagt: "Der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland." Wie fanden Sie den Satz?komplett lesen:Zollitsch: Dahinter steckt eine Wahrheit. Wir haben etwa vier Millionen Menschen muslimischen Glaubens in Deutschland. Ich würde den Satz von Bundespräsident Wulff allerdings ergänzen: Ja, die Muslime wohnen bei uns und gehören zu uns. Gleichwohl sind sie vielen von uns oft fremd und ihre Integration steht in vielem noch aus, auch ihre Vertrautheit mit der jüdisch-christlichen Tradition und deren Werten. (...)"
Welt am Sonntag: "Der Islam ist in Mitteleuropa neu"
Also bemängelt Zollitsch an der Rede, dass nicht auf Integrationsmängel eingegangen wird. Letztlich vielleicht beschönigt wird. Und was sagte Wulff:
"Weil diese Menschen mit ausländischen Wurzeln mir wichtig sind, will ich nicht, dass sie verletzt werden in durchaus notwendigen Debatten. Legendenbildungen, die Zementierung von Vorurteilen und Ausgrenzungen dürfen wir nicht zulassen. Das ist in unserem eigenen nationalen Interesse. (...)Dann folgt der berühmte Absatz, mit dem Satz der für Debatten sorgte: "Aber der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland."
Und wir haben auch erkannt, dass multikulturelle Illusionen die Herausforderungen und Probleme regelmäßig unterschätzt haben: das Verharren in Staatshilfe, die Kriminalitätsraten und das Machogehabe, die Bildungs- und Leistungsverweigerung. Ich habe die vielen hundert Briefe und E-Mails gelesen, die mich zu diesem Thema erreicht haben. Mich beschäftigen die Sorgen und Ängste der Bürgerinnen und Bürger sehr, wie auch die Politik diese erkennbar und zu Recht ernst nimmt.
Und dennoch: Wir sind weiter, als es die derzeitige Debatte vermuten lässt. Es ist längst Konsens, dass man Deutsch lernen muss, wenn man hier lebt. Es ist Konsens, dass in Deutschland deutsches Recht und Gesetz zu gelten hat. Für alle - wir sind ein Volk. (...)
Ja, wir haben Nachholbedarf, ich nenne als Beispiele: Integrations- und Sprachkurse für die ganze Familie, Unterrichtsangebote in Muttersprachen, islamischen Religionsunterricht von hier ausgebildeten Lehrern und selbstverständlich in deutscher Sprache. Und ja, wir brauchen auch viel mehr Konsequenz bei der Durchsetzung von Regeln und Pflichten - etwa bei Schulschwänzern. Das gilt übrigens für alle, die in unserem Land leben. (...)"
Weiter sagte Wullf:
"(...) "Deutschland, einig Vaterland", das heißt, unsere Verfassung und die in ihr festgeschriebenen Werte zu achten und zu schützen. Zu allererst die Würde eines jeden Menschen, aber auch die Meinungsfreiheit, die Glaubens- und Gewissensfreiheit, die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Sich an unsere gemeinsamen Regeln zu halten und unsere Art zu leben, zu akzeptieren. Wer das nicht tut, wer unser Land und seine Werte verachtet, muss mit entschlossener Gegenwehr aller rechnen - das gilt für fundamentalistische ebenso wie für rechte oder linke Extremisten. (...)
Wir erwarten völlig zu Recht, dass jeder sich nach seinen Fähigkeiten einbringt in unser Gemeinwesen. Wir verschließen nicht die Augen vor denjenigen, die unseren Gemeinsinn missbrauchen. "Unser Sozialstaat ist kein Selbstbedienungsladen ohne Gegenleistungsverpflichtung", so schlicht und so richtig hat es die Berliner Jugendrichterin Kirsten Heisig ausgedrückt. (...)
Kein Kind darf mehr ohne gute Deutschkenntnisse in die Schule geschickt werden. (...)"
Rede von Bundespräsident Christian Wulff zum 20. Jahrestag der Deutschen Einheit
Also ich finde, Wulff geht durchaus auf Integrationsprobleme und Lösungsansätze zu dessen Behebung ein. Auch macht er klar, dass alle gemeinsame Regeln zu befolgen haben. (Welche Wurzeln diese auch immer haben mögen.) Man könnte sogar fast behaupten, er geht unverhältnismäßig auf diese Probleme ein, getrieben durch die Sarrazin-Debatte, wenn wir mal einen Augenblick davon ausgehen, dass Innenminister Thomas de Maizière Recht mit seiner Zahl von 10% "Integrationsverweigerern" hätte (was noch zu diskutieren ist...).
Wie kommt es, dass Zollitsch meint, dieses nicht gehört zu haben? Warum widerspricht der Journalist ihm nicht? Wieso diese selektive Wahrnehmung, oder ist Zollitsch auch eingeschlafen, wie manch anderer bei dieser todlangweilig vorgetragenen Rede?
Immerhin ist der Erzbischof ja sonst eher jemand, der differenzierter und vorsichtiger argumentiert; um Ausgleich und Harmonie bestrebt ist. Wenn er also schon bei dieser Rede eine selektive Wahrnehmung in diesem Interview zeigt, wie mag es erst recht bei denen aussehen, die Wulff sowieso für einen Gehilfen der "Islamisierung" Deutschlands halten?
(Bildquelle: Wikimedia Commons)
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