Ich möchte hier kurz eine Dokumentation vorstellen, die viele Einblicke in das heutige Saudi-Arabien erlaubt, trotz ständig präsenter Religionspolizei und mehrfacher Kontrolle des Filmteams durch Geheim- und Militärpolizei. Diese Doku beleuchtet das Vorgehen der Saudis mit ihrem historischen Erbe. Das fehlende Geschichtsbewusstsein, den Fanatismus, die Fahrlässigkeit.
Folgendermaßen beschreibt der Bayrische Rundfunk die Doku:
Mekka retten
Ein Mann kämpft gegen die Zerstörung seiner Heimat
Reportage von Asiem El Difraoui
Über eine Milliarde Muslime beten täglich in Richtung Mekka. Die Stadt, wo sich die 'Kaaba' befindet, ist der heiligste Ort des Islam. Kaum ein ausländisches Fernsehteam darf hier filmen. Das Herz der islamischen Welt ist seit 80 Jahren fest in den Händen der Wahabiten, einer der radikalsten islamischen Gruppen.
Mekka bedeutet aber auch gutes Geschäft: Luxushotels im Besitz saudischer Prinzen umringen die Kaaba. Historische Stadtviertel und über tausend Jahre alte Denkmäler islamischer Geschichte werden dafür hemmungslos zerstört. Die saudischen Herrscher wollen vergessen machen, dass Mekka einst Symbol eines weltoffenen und toleranten Islam war. Heute ist der Ort eine wuchernde Millionstadt mitten in der Wüste.
Wir begleiten in unserer KOMPASS-Reportage einen der wenigen mutigen Saudis, die versuchen, den heiligsten Ort des Islam vor der Zerstörung zu retten. Sami Angawi ist ein Nachfahre des Propheten Mohammed. Bei seinem verzweifelten Kampf nimmt er große Risiken auf sich. Denn in Saudi Arabien, dem wichtigsten Verbündeten der USA im arabischen Raum, werden kritische Bürger verfolgt.
Mekka retten: ein seltener Blick auf den heiligsten Ort des Islam und eines der restriktivsten Gesellschaftssysteme der Welt.
Quelle
Nun, wie schaut die historische Einordnung aus, was schreiben die Historiker? Was hat diese saudische Sekte alles zerstört? Einige Zitate dazu:
"Die Gräber des zweiten, vierten, fünften und sechsten Imams in Medina wurden 1804 bei der Eroberung der Stadt durch die wahhabitischen Saudis zerstört."aus: Halm, Heinz: Der Islam. Geschichte und Gegenwart. München 2000. S. 48.
In Mekka wurden alle Kuppel-Gräber zerstört, in Medina das der Fatima.
"All ḳubba s were destroyed, all tobacco pipes and musical instruments burned..."
"...Among the revered antiquities destroyed was the reputed birthplace of the Prophet and two houses revered as those of Ḵh̲adīd̲j̲a and of Abū Bakr..."
"Mawlid al-Nabī (the Prophet's birthplace), located in the S̲h̲iʿb ʿAlī ravine near Sūḳ al-Layl. First the dome and minaret and later the whole structure was torn down by the Wahhābīs. The place is still pointed out. 2. Mawlid Sayyidatnā Fāṭima (the birthplace of our Lady Fāṭima). Same remarks..."
"In Rutter's time the small mosques marking the houses of other Companions had mostly already been destroyed."
und so weiter.
Auch Osmanische Bauten (Moscheen) wurden abgerissen und durch Neubauten ersetzt, lest bitte unten selber weiter.
Aus: Encyclopaedia of Islam 3: Hier kann man glücklicherweise den kompletten Artikel über Mekka auf englisch einsehen.
Das alte Saudi-Arabien gibt es nicht mehr...
"Die Wahhabiten ließen sogar das Grabmal des Propheten zerstören!"
aus:
"DIE ISLAMISTISCHE ANTWORT AUF DIE GLOBALISIERUNGVon
Virtuelle Umma
AUS den Umwälzungen im Gefolge der Globalisierung ist eine neue Strömung des Islam entstanden, die sich darauf beschränkt, verbindliche Lebensregeln festzulegen. Dieses schlichte Regelwerk soll überall anwendbar sein - in der afghanischen Wüste wie am amerikanischen College. Kulturelle Eigenheiten bleiben außen vor. Dieser kodifizierte Fundamentalismus schließt eine religiöse Marktlücke und ist zugleich Mitursache und Wirkung des weltweit zu beobachtenden kulturellen Identitätsverlusts.
Gemäßigte oder traditionell orientierte Muslime sprechen vom "wahhabitischen" Islam, um jene Glaubensrichtung zu kennzeichnen, die in den Madrassen der Taliban im Süden Afghanistans ebenso propagiert wird wie auf islamischen Internetseiten und in zahlreichen Moscheen der Vorstädte von London oder Paris. Die Anhänger dieser Richtung lehnen die Bezeichnung zumeist ab und bezeichnen sich als "Salafisten"(1),( )also als Anhänger einer Strömung, die eine buchstabengetreue Auslegung des Korans vertritt. Die gesamte Entwicklung nach der idealen muslimischen Gemeinschaft zur Zeit des Propheten gilt dieser Strömung als Irrweg.
Dieser Neofundamentalismus(2) will die Scharia auf alle Formen menschlichen und sozialen Verhaltens verbindlich anwenden. Entsprechend lehnt er alle kulturellen Zusammenhänge außerhalb der strikt religiösen Sphäre ab: Bildhauerei, Musik, Philosophie und Literatur ebenso wie die Aneignung lokaler (fremder) Sitten - etwa den Brauch, das Neujahrsfest zu feiern oder einen Weihnachtsbaum zu schmücken. Das Verhältnis der Salafisten zum wissenschaftlich-technischen Fortschritt ist gespalten. Den Computer akzeptiert man aus pragmatischen Gründen, aber mit wissenschaftlicher Ratio will man nichts zu tun haben. Christentum, Judentum und auch der schiitischen Islam werden bekämpft: Die Ermordung der Mönche im algerischen Tibéhirine zeigt dies ebenso wie die Ablehnung von Kirchenbauten in Saudi-Arabien - im Gegensatz etwa zur Haltung der ägyptischen Muslimbruderschaft gegenüber den Kopten(3) oder zur Situation im Iran, wo es kaum Spannungen zwischen Muslimen und Christen gibt. Den Fundamentalisten dieser Richtung geht es vor allem um die eindeutige Abgrenzung des wahren Glaubens (ad-din) gegen den Unglauben (kafir). Die Grenze verläuft quer durch die Umma, die Gemeinschaft der Muslime. Jedes religiöse oder kulturelle Einlassen auf die westliche Kultur wird verteufelt. Entscheidend ist letztlich nur: Was ist erlaubt und was nicht. Dabei geht es mitunter um so banale Fragen wie die Art, sich die Zähne zu putzen. Die wichtigste Tätigkeit der Religionsgelehrten ist folglich, alles und jedes (von der Kreditkartenbenutzung bis zur Organspende) durch eine Fatwa zu regeln.
...
OLIVIER ROY
weiter hier: Le Monde Diplomatique
Die beduinischen heuchlerischen bigotten saudischen Kulturbanausen haben im Volk kaum Widerspruch, in der TV Doku bedauerte ein Scheich jedoch diese Zerstörung des jahrhundertealten Kultur-Erbes Arabiens, darf aber nicht zu laut öffentlich kritisieren, wenn er nicht ins Gefängnis will.
Schaut selber, sehr interessant, zwei längere Ausschnitte:
Im künftigen 2. Teil meines Postings zitiere ich noch zwei kurze Beschreibungen der Wahhabiten und des Gründers 'Abd al-Wahhab dieser heute dank Ölreichtums einflussreichen Bewegung.
(Bildquelle: Wikimedia Commons)
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