Erzbischof Absalon von Lund stürzt den slawischen Gott Svantovit nach dem Sieg über die Wenden 1169. Gemälde aus dem 19. Jh. |
Ich war mal am diskutieren, ob der Islam eine sogenannte "Missionsreligion" sei. Neben dieser Frage werden viele weitere Themen in diesem Blogpost und in dieser Serie tangiert, wie zum Beispiel das Thema Dschihad, das sogenannte "Haus des Krieges", Zusammenleben von Christen und Muslimen, Konversion von Christen, und so weiter. (Wie so oft in diesem Blog...)
Nun habe ich mal kurz geschaut, ob dieser Begriff überhaupt verbreitet ist, und nach google und googlebooks ist dieser konkrete Begriff eigentlich nicht sehr verbreitet.
Ich habe auch nicht sehr intensiv in Enzyklopädien, Standardwerken, googlebooks, und dergleichen nachgeschaut, als ich am diskutieren war - wie ich es ansonsten oft tue, um einer Internet-Diskussion eine nötige Tiefe und Grundierung zu verleihen. Denn dann hätte ich gesehen, dass es durchaus unterschiedliche Stimmen zu dieser Frage gibt. Ich habe nur mal kurz in einigen Werken nachgeschlagen - siehe unten.
Meine Ausführungen gehen von einem Missionsbegriff aus, der eben nicht nur eine einfache "Einladung" zum Christentum darstellt, und wenn nicht, dann eben nicht. So wie es eher beim Islam der Fall ist, und mit dem Fachbegriff Da'wa bezeichnet wird (siehe unten). Ich bin kein christlicher "Missionsexperte", bin also nicht so bewandert mit der Vielzahl von Missionskonzepten in der Geschichte des Christentums. Ich gehe eher vom historischen Ergebnis unter anderem aus diesen Missionstätigkeiten aus. Überall auf der Welt wurde ja spätestens im Zuge des Kolonialismus mitunter auch gewaltsam Zugang für Missionare geschaffen. Und wenn nicht direkt gewaltsam, so unter Androhung von Sanktionen, um die Lehre Christi verbreiten zu können - wie beispielsweise in China Mitte des 19. Jahrhunderts der Eröffnung von zahlreichen Missionsstationen zustimmen musste. Und je nach konkreter Missionstätigkeit, wurde in aktiver und auch repressiver Weise das Christentum gelehrt, also so lange "insistiert", bis indigene Völker das Christentum annahmen. Daneben gab es historisch die noch restriktivere Form der Zwangstaufen und der Zwangschristianisierungen. Als eine Form der Missionierung - mir ist natürlich bewusst, dass es noch zahllose andere Formen gibt, die z.B. eher über die sanfte geduldigere Schiene der Hilfsbereitschaft, der Unterstützung Einheimischer durch Errichtung von Krankenhäusern und dergleichen die Konversionen erzielen. Das nur vorab zum besseren Verständnis der Diskussion.
Hier also nun meine Ausführungen:
Ist der Islam eine "Missionsreligion?
Ist das wirklich so? Ist der Islam summa sumarum eine "Missionsreligion" wie das Christentum (gewesen)?
Welche aktiven "Missionare" gibt es denn im Islam? Die auszogen, vor allem um andere Menschen zu missionieren? Mir fallen spontan eher die Derwische ein, die zu einem meist sufistischem Verständnis des Islams eher einluden (denn missionierten).
Mir fallen da auch nur wenige Strömungen innerhalb des Islams ein, die eine dem (modernen) Christentum vergleichbare Missionarstätigkeit betreiben, und die deshalb auch immer so betont werden, weil die Mehrheit des Islams eben eher kein aktives Missionarstum kennt.
1. Einmal die Ahmadiyya (aus Pakistan, im 19. Jh. entstanden), und 2. neuerdings noch eine Art Ausweitung des Einflusses z.B. des saudischen streng orthodoxen Wahhabismus dank Petrodollars, aber eher weniger bei fremden Religionen, sondern viel stärker bei sonstigen Muslimen. Zudem einige Salafisten.
Dann gibt es noch einige singuläre Phasen in der islam. Geschichte, wo tatsächlich wie beim Christentum aktiv und bisweilen aggressiv "missioniert" wurde, aber eben nur kurze zeitlich und örtlich begrenzte Ausnahmen von der Regel, so wie ich es bisher in der Lektüre gelesen habe.
Also insgesamt könnte eine verstärkte Missionarstätigkeit des Islams gesehen werden als Reaktion auf die aggressiv vordringenden Missionstätigkeiten Europas und des Westens insgesamt seit dem Kolonialismus in aller (auch der islamischen) Welt.
Ich habe mal im Buch Peter Heine: Islam zur Einführung, mittels Suchfunktion nach "Mission" und deren Varianten gesucht: Nichts besonderes steht dazu, ausser einmal die Bahai-Sekte, die wohl missioniert, und die schiitischen Ismailiten, die mal missionier(t)en (nicht zuletzt eher bei den Sunniten, als unter fremden Religionen). In einem Buch über das Christentum wäre es undenkbar, dass es nicht einige Absätze über die Mission geben würde, nicht wahr? Dies zeigt den Stellenwert der Mission im Islam, denke ich, wenn in diesem einführendem Standardwerk über den Islam die Mission so gut wie nicht behandelt wird.
Bei Heinz Halm: Der Islam steht immerhin eine Klarstellung:
Einen Missionsauftrag – vergleichbar etwa dem christlichen
„Gehet hin und lehret alle Völker und taufet sie ...“ (Matth.
28, 19) – kennt der Koran nicht; die Expansion der Umma
hatte auch, wie gleich zu zeigen sein wird, keineswegs den
Zweck, die Unterworfenen zum Islam zu bekehren. Die Er-
oberungen entsprangen weder einem vorgefaßten Plan noch
unterlagen sie einer zentralen Lenkung. Die historische For-
schung der letzten Jahrzehnte (Noth; Donner) hat gezeigt, daß
die Eroberungen eher zufällig in Gang kamen...
Dann gibt es noch das Konzept des da'wa, in der die kaum gläubigen Muslime und auch Nichtmuslime mit Worten und gutem Vorbild angespornt werden sollen, sich wieder oder erstmalig zum Islam inkl. der Ausübung der Regeln zu bekennen. Dieses ist aber eher ein passives und individuelles Verhalten, kein aktives (womöglich von einem König/Emir/Sultan initiiertes) in die Welt gehen, zum Zwecke der Mission und Bekehrung der Nichtmuslime.
Da'wa ist etwas komplexer, siehe Encyclopaedia of Islam and the Muslim World, die einleitenden Worte des Artikels:
Since the late nineteenth century, conceptions of dawa have
re-emerged as central in the formulation of Islam. Dawa is
increasingly associated with socially vital activities, such as
edification, education, conversion, and charity. However, the
term also alludes to the Quran and the normative Islamic
history. Due to this combination, dawa has become a func-
tional tool in face of the challenges of modernity. Dawa is
sometimes equated with Christian ideas of mission and
evangelization. Muslims themselves are, as a rule, wary of that
comparison; and indeed, such translations tend to overlook
the variations and socio-political specificity of dawa. This
term has been conceptualized, institutionalized, and applied
for divergent purposes throughout the course of history.
Furthermore, Muslim endeavors to convert non-Muslims to
Islam have often been understood in terms other than dawa.
This is true, for instance, of the significant Sufi ventures of
recruitment, which historically largely appear to have been
disinterested in dawa terminology. Thus, dawa should be
regarded as but one type of Islamic discourse of mobilization,
sometimes in conflict with others. ...
Bezeichnend ist, dass es in dieser Enzyklopädie auch keinen Artikel speziell zum Thema "Mission" gibt, da es eben dieses Konzept (so wie es im Christentum existiert) nicht in gleicher Weise im Islam gibt, abgesehen von einigen wenigen Strömungen und einigen Reaktionen nach Ausbreitung der europäischen Mächte in alle Welt (z.B. holten sich die Indonesier Hilfe von Außen, nachdem das "Joch der Christen" über sie herein brach, und im Zuge dessen islamisierte sich durch diese externen Sufis, Berater, Theologen, Militärhilfen, usw. (sogar aus dem osmanischen Reich!) das Land stärker denn je, also genau das Gegenteil eintrat, was die christlichen Flotten (im Religiösem) erreichen wollten.
Das auch ein Christ durch sein individuelles Vorbild im täglichen Leben natürlich erreichen möchte, dass ein Nichtchrist konvertiert, eint die beiden Religionen. Sofern ein Christ überhaupt Kontakt zu Nichtchristen bekam. Dieses in christlichen Reichen in Europa eher weniger, sondern mehr ausserhalb, denn in Europa war religiös das Andere schon weitgehend ausgerottet, bis auf jüdische Sprengsel. Multikulti war in Europa tot (bis auf kleine Ausnahmen, wie ein wenig Venedig, und nach der Vertreibung der Mauren einige niederländische Städte) Ganz anders das Völkergemisch, Religionsgemisch, Sprachgewirr in den kosmopolitischen Metropolen des Islams! Wiewohl teils separiert in bestimmt Stadtvierteln, aber auch nicht immer und konsequent (wie jüngst durch Auswertungen der Archive bestätigt, da muss man eigentlich jeweils die Städte einzeln betrachten), begegneten sich im Orient wahrlich die Religionen auf der Strasse. Nestorianer, Arianer, Syrisch-Orthodoxe., Sunniten, Drusen, Schiiten, Juden, Katholiken, später auch Evangelische Christen, Maroniten, Kopten, Yeziden, Ismailiten, und und und....
Dann kommt natürlich beim Leser gleich die Frage auf, wie denn meine Ausführungen zusammenpassen mit dem allseits bekanntem Dschihad?
Die "Encyclopaedia of Islam" schreibt:
In law, according to general doctrine and in historical tradition, the djihād consists of military action with the object of the expansion of Islam and, if need be, of its defence.Nun, dieses meint nicht Ausbreitung der Religion, also des persönlichen Glaubens jedes einzelnen.
Dieses bedeutet die Ausbreitung des islamischen Territoriums. Also die Herrschaft des Islams. Die Völker konnten nach Eroberung ihres Territoriums ihre eigene Religion weiter betreiben. (Islamisch-Theologisch legitimiert vor allem die Buchreligionen, wie Judentum, Christentum, Sabäer, Zoroastrier, usw. In der historischen Praxis summa summarum aber auch viele der Polytheisten, wie Hindus, Buddhisten, Manichäer, usw., meistens unbehelligt blieben, auch wenn es hier und da einmal Jahrzehnte der Zwangskonversionen bzw. der Vertreibung/Vernichtung gab.)
Nicht zuletzt dieses ist ein Grund dafür, dass es in fast allen islamischen Territorien noch bis in die Zeit der industriellen Revolution hinein immense nichtmuslimische Bevölkerungsanteile gab. Sogar in Istanbul bestand einige Jahre im 20. Jh. die Mehrzahl der Stadt aus Nichtmuslimen. Einige vielleicht weniger bekannte Gründe, warum sich die christlichen Minoritäten im Nahen Osten prozentual und/oder in absoluten Zahlen änderten: Im Laufe des 19./20. Jahrhunderts wanderten einerseits z.B. viele Christen aus dem Orient in die wirtschaftlich wesentlich potenteren "christlichen" Gebiete aus, z.B. aus dem Libanon/Syrien in die USA, andererseits flohen sie aufgrund von Kriegen im Nahen Osten, einen weiteren Grund für prozentuale Bevölkerungsverschiebungen ergaben sich aufgrund der wesentlich höheren Reproduktionsraten der Muslime im Vergleich zu den oft gebildeteren Schichten der Christen und Juden, so dass deren absolute Zahl nach Abzug der Emigranten relativ konstant blieben, sie aber immer mehr zur Minorität wurden, bis sie heutzutage nur noch wenige Prozent ausmachen. Gezielte Verfolgungen sind hingegen eher ein junges Phänomen, beginnend vor allem im Zeitalter des Nationalismus, Imperialismus, Kolonialismus und infolge der modernen Kriege des 20. Jahrhunderts)
Ganz anders die Situation bei uns: Vergeblich schauen wir bei den Sachsen oder bei den Friesen, wo es schon längst keine vorchristlichen Religionen mehr gibt ("dank" u.a. Karl Martell), wie auch sonst nirgends im katholisch/evangelischem Europa, sei es auf der iberischen Halbinsel, z.B. Cordoba, sei es in Süditalien, oder sei es auf dem amerikanischen Kontinent und vielen Staaten Afrikas, wo das Christentum die vorigen Religionen fast zur absoluten Gänze verdrängte/vernichtete.
Ich weiß, es fällt uns heute in der doch recht areligiösen Zeit des technologischen Fortschritts und der Säkularität nicht leicht uns vorzustellen, das "ausgerechnet" der Islam als attraktive Alternative z.B. zum Christentum den Menschen als eine denkbare Möglichkeit erschien. Vor allem nicht dann, wenn unser Islambild vorwiegend durch die Medien und Bestseller geprägt wurde, weniger durch seriöse Standardlektüre der Bibliotheken.
Anders mag es sich jedoch den Menschen dargestellt haben, die sahen, wie der Islam, der im Selbstverständnis quasi ein "reformiertes Christentum" war, von Sieg zu Sieg, von zivilisatorischem Fortschritt zu Fortschritt eilte. So wie die Juden die jüdische Reformsekte namens Christentum als Alternative zu ihrer Form des Judentums betrachteten, und in die junge Gemeinde des Christentums wechselten, mögen viele Christen ebenso in die aufstrebende Gemeinde des Islams gewechselt sein - und zwar in überwältigender Mehrheit freiwillig. (vielleicht auch getrieben angesichts der Zerstrittenheit der ganzen christl. Konfessionen, besonders im Orient, wo diese nicht so verfolgt wurden wie z.B. in Byzanz und daher erst dank der islamischen Herrschaft dermaßen zahlreich überlebten, da sie sich dem religiösen byzantinischem Assimilierungsdruck unter islamischer Herrschaft entziehen konnten.)
Daneben gab es sicherlich auch Christen, die einfach aus weltlichen Gründen, also aus materiellen Gründen oder wegen Verbesserung der Karrierechancen den Glauben wechselten (da in bestimmten islamischen Regionen den Christen nicht alle Berufe offen standen). Wegen Vermeidung der Kopfsteuer alleine musste im Ägypten (zumindest) der Mamluken jedenfalls kaum einer den Islam annehmen, denn es gab Möglichkeiten auch jenseits der Konversion diese Steuer zu umgehen, wenn man es darauf anlegen wollte. (so zumindest Prof. Thomas Eich in seiner Vorlesung zur Einführung in die Geschichte und Kultur des Nahen Ostens - Uni Tübingen.)
Tanzende und musizierende Derwische. Iran, safawidisch, 17. Jh. |
Zum Thema Dschihad habe ich hier im Blog schon ausführliche Informationen zusammengetragen und zum Thema "Expansion des Islams" werde ich gegebenfalls nochmals gesondert einige Ausführungen machen - oder habe ich es schon im Blog erwähnt? Müsste ich mal nachschauen...
Eine Zusammenfassung etlicher Erkenntnisse steht zudem in diesem PDF eines Theologen und Religionswissenschaftlers:
Feindbild Islam.
Historische und theologische Gründe einer europäischen Angst – gegenwärtige Herausforderungen.
Thomas Naumann / Universität Siegen:
Die islamische Expansion, [...] ging nach einigen entscheidenden Schlachten deshalb so schnell vonstatten, weil die Araber die Fähigkeit besaßen, mit der mehrheitliche christlichen und jüdischen Bevölkerung der eroberten Gebiete variable und flexible Verträge zu schließen, die jenen oft mehr Schutz und weniger Steuern brachten, als sie dies unter byzantinischer Oberherrschaft kannten, und darüber hinaus ihre religiöse Eigenständigkeit bewahrten. Denn die muslimischen Eroberer verzichteten auf die Zerstörung der in Besitz genommenen Länder und schonten, wenn die Machtfrage geklärt war, in der Regel die dort verwurzelten Kulturen. Auf diese Weise übte der Islam eine desto größere Anziehungskraft auf die besiegten Völker aus, unter denen es zu massenhaften Übertritten zum Islam kam. Gewaltsame Bekehrungen zum Islam wie die Zwangstaufen im Christentum kennt der Islam nicht, auch wenn es in späteren Jahrhunderten und in manchen Krisenzeiten islamischer Oberherrschaft auch zur Unterdrückung religiöser Minderheiten gekommen ist...
Nun denken vielleicht die Leser, dass im Islam ja zwischen dem "Haus des Islam" und dem "Haus des Krieges" unterschieden wird. Könnte man daraus nicht schon ein staatliches Missionierungsbedürfnis ableiten?
Das würde nur Sinn machen, wenn denn im Haus des Islams allein nur der Islam praktiziert werden dürfte. Von Anfang an jedoch gewährte man Nichtmuslimen im Haus des Islam Schutz und Rechtssicherheit an. Gegen "GEZ-Gebühr" (Dschizya/Kopfsteuer genannt). Insofern war es in Teilen der islamischen Geschichte geradezu andersrum! Man brauchte diese "Gebühren" für die Volkswirtschaft, und erschwerte die Konversion! Und als Massen von Bauern im Irak zum Islam konvertierten, behielt man für die neuen Muslime z.B. die Bodensteuer bei, so dass darin kein Grund für eine Konversion liegen kann, wenn sie nachher die gleiche Steuer " abdrücken" mussten, wie vorher. Ein Grund für ihre Konversion, siehe oben, und sie wollten wohl auch mal auf den zu der Zeit erfolgreichen Kriegszügen so richtig Beute machen dürfen...
Nein, die islamische Einteilung der Welt in zwei Sphären ist nur ein Zeichen, dass irgendwann die ganze Welt der islamischen Herrschaft unterworfen sein sollte, mit der Hoffnung, dass natürlich auch alle dann Muslime seien. (Gleiches gilt eigentlich für die meisten Religionen, ebenso für das Christentum, das Weltherrschaft immer anstrebt(e)). Immerhin erhielten ja die Buchreligiösen schon eine Teilwahrheit Gottes, auch wenn sie einiges nach islamischer Auffassung im Laufe ihrer Exegese verfälschten, so dass Gott nun schon wieder gezwungen wurde einen Gesandten zu senden um mal "Tacheles" zu reden, bzw. gleich alles zu diktieren, damit nicht mehr alles so "missverständlich" sein sollte. (Hat irgendwie nicht so geklappt, denn im Koran ist auch nicht alles sooo klar, dass es nie mehr einen Streit darüber hätte geben können. Gott, konntest du es nicht besser machen? ;-) )
Nun mag man sich fragen, ob nicht eine Sondersteuer für Nichtmuslime und unterschwellige Diskriminierung auch den Einen oder Anderen mürbe machen könnte.
Das ist mit Sicherheit auch ein Grund. Je nach Epoche mal mehr mal weniger. Keiner ist gerne dauerhaft "diskriminiert", auch wenn vielleicht das Ende dieser Diskriminierung mit einem Sultans/Emir/Kalifen-Wechsel absehbar gewesen ist (denn je nach Herrscher, gab es da durchaus deutliche Unterschiede gegenüber den Minderheiten). Aber man sollte auch nicht zu sehr den Fokus auf Herrschaftszeiten (die es leider durchaus gab) richten, wo die Nichtmuslime wirklich ein schwereres Los und mehr hatten. Diese Fanatiker waren die große Ausnahme unter den meist doch eher pragmatisch oder machtpolitisch veranlagten Herrschern.
Mehr zum historischen Verhältnis Muslime Nichtmuslime werde ich später mal in einem Beitrag schreiben.
Das Thema ist noch nicht zu Ende Zum Abschluss dieses Blogbeitrages aber noch ein Zitat:
aus:
Peter Heine: Lexikon des Islam: Mission, Bd. 2, S. 527. Verlag Herder
Mission
Für Muslime ist Mission im Sinne der Verbreitung des Islams durch dafür ausgebildete Spezialisten ein sehr junges Phänomen, da der Koran keinen Missionsauftrag enthält. Die Verbreitung des Islams ist vor allem durch zwei verschiedene Phänomene erfolgt. Das erste ist der Glaubenskrieg (djihad, s. Heiliger Krieg), mit dessen Hilfe der islamische Staat und die Shari'a als Rechtssystem mit militärischen Mitteln ausgebreitet wurde. Die in den eroberten Gebieten lebenden Anhänger monotheistischer Religionen wurden nicht zum Übertritt gezwungen, bei den anderen Religionsgruppen war das allerdings der Fall. [Anmerkung durch mich: Wobei es zahlreiche Gebiete gab, wo auch dieses nicht praktiziert wurde, z.B. in Teilen Indiens unter den Mogulen, in SO-Asien, usw.] Im Laufe der Zeit, vor allem seit dem 16. Jahrhundert, kam es auch zu immer häufigeren Übertritten vor allem von orientalischen Christen. Nach dem Abschluß der staatlichen Expansion des Islams waren es vor allem muslimische Händler, die in Schwarzafrika, Indonesien oder China ihre Handelspartner mit dem Islam und seinen einfachen Dogmen und rituellen Praktiken vertraut machten und ihm so zahlreiche Anhänger zuführt. Erst unter dem Druck christlicher Missionsgesellschaften begannen muslimische Reformer, zunächst in Indien, dann aber auch im Nahen Osten mit Aktivitäten, die vor allem darauf ausgerichtet waren, junge Muslime gegen christliche Missionare mit Argumenten zu versorgen. Diese Bemühungen waren im Grunde die Keimzelle von Bemühungen internationaler Muslim-Organisationen, die man als Missionsversuche bezeichnen kann. Dabei wird vor allem in Ländern der Dritten Welt durch die Einrichtung von Schulen, Krankenhäusern u.ä. für einen höheren Bekanntheitsgrad des Islams gesorgt. Diese pädagogischen und karitativen Bemühungen werden durch die Vermittlung islamischer Grundbegriffe ergänzt. In Europa sind derartige Aktivitäten kaum festzustellen, wenn man einmal vor der Tatsache absieht, daß eine islamische Sonderform, die Ahmadiyya-Bewegung, spezielle Missionsbemühungen in Europa und Nordamerika durchführt. [Erwähnenswerte Missionstätigkeiten gäbe es im Mittelalter da noch bei den schiitischen Fatimiden, die sich aber vor allem gegen sunnitische Muslime richteten, aber nicht nur. Ebenso gab es sogar Zwangskonversionen im großen Stil, wieder nur innerislamisch, durch die turksprachigen schiitischen iranischen Safawiden, die den mehrheitlich sunnitischen Iran schiitisieren wollten, auch mittels Gewalt(-androhung). Ausserdem wurde mal Ende des 14. Jh. in Zentralasien ein Turkstamm zwangsislamisiert. Die allermeisten jedoch traten freiwillig in Zentralasien über - siehe S. 140. Daneben wurden noch die christlichen jungen Männer zwangsislamisiert, die zu der Elitetruppe der Janitscharen der Osmanen eingezogen wurden (siehe dazu mein anderes Blogposting). Und es gab last but not least eine 5-jährige Zwangskonversions-Phase Ende des 8. Jahrhunderts im Irak gegenüber den Manichäern, die anders als die Zoroastrier als Polytheisten angesehen wurden, wo ein Herrscher wohl mal die "Nerven verloren" hatte... ;-)
Mehr fällt mir als Ergänzung bzgl. von Zwangsislamisierungen oder Missionierung zu diesem Lexikoneintrag nicht ein, wobei ich gar die extremste Form der "Missionierung", nämlich vorwiegend die Zwangskonversion als Beispiele suchte. Daher nimmt dieses Thema wohl auch in der Literatur so wenig Raum ein, schlicht, weil sie sehr unüblich in der Zeitläufte war, eine Ausnahme blieb.]
Weiterführende Literatur zu dem letztem Zitat:
- R. BULLIET, Conversion to Islam, Cambridge 1979.
- N. LEVTZION, Muslims and Chiefs, London 1969.
Fortsetzung folgt.
(Bildquellen: Wikimedia Commons, 2)
Ich konnte dir zwar nicht so ganz folgen, zumindest nicht im Kontext des obigen Blogpostings, trotzdem aber danke für deine Gedanken... :)
AntwortenLöschenTschüß und bis bald... ;)