Freitag, 26. August 2011

Polygynie / Polygamie im Koran

Frühes Koran-Manuskript in Hidschazi-Schrift

Mich hat mal vor Jahren interessiert, was es mit der Mehrehe im Islam
(Vielehe, " Vielweiberei ", Polygamie oder auch Polygynie genannt) auf sich hat. Vor allem, was steht eigentlich im Koran, wie kann man es deuten und wie sieht es in der Praxis aus.
Im Netz finden sich dazu ja meistens nur die beiden Extrempositionen auf den ersten Seiten der Suchmaschinen. Also die kompromisslosen Verteidiger oder Apologeten der Polygynie, oder diejenigen Seiten, die es unbedingt verdammen, und dabei manchmal auch hetzen.
Daher bevorzuge ich es in vielen Fällen lieber erstmal in Sekundärliteratur hineinzuschauen, um einen ersten Eindruck zu bekommen. Dieses ist dank googlebooks auch online möglich - sofern man in etwa weiß, in welchen Büchern man einen guten überblicksartigen Einstieg erhalten kann.

Polygynie beim Islamwissenschaftler Hartmut Bobzin: Der Koran. Eine Einführung. 1999.
(in googlebooks ausführlich einsehbar)

Die außerhalb des Islam bekannteste ist die durch Sure 4, 3 sanktionierte Polygynie, d. h. die Möglichkeit für den Mann, mehrere Frauen zu heiraten. Den Wortlaut dieses Verses zu verstehen und richtig zu interpretieren, ist jedoch außerordentlich schwierig:

[3] Und wenn ihr fürchtet, daß ihr die Waisen nicht gerecht behandelt, dann heiratet, was euch gut dünkt an Frauen [von diesen Waisen], zwei, drei oder vier; doch wenn ihr fürchtet, nicht gerecht zu sein, dann eine, oder eine Sklavin (wörtl. „was eure Rechte besitzt“, mā malakat aimānukum); das ist passender, damit ihr nicht Unrecht tut.

Schon beim ersten Lesen ist klar, daß es sich keineswegs um eine allgemeine Regelung handeln kann, da der Vers, indem er mit einem Bedingungssatz beginnt, deutlich an den vorhergehenden anknüpft:

[2] Und gebt den Waisen ihr Vermögen und tauscht nichts Schlechtes gegen Gutes ein, und zehrt ihr Vermögen nicht auf, zu eurem eigenen Vermögen hinzu; das wäre ein großes Vergehen.



Aus dem Zusammenhang geht deutlich hervor, daß es in beiden Versen offenbar um die Versorgung von Waisen geht, und Vers 3 zeigt, daß hier weibliche Personen gemeint sind. Islamische Ausleger bringen die Verse mit der verlustreichen Niederlage der Muslime gegen die Mekkaner am Berg Uhud im Jahr 3/625 in Verbindung. In diesem Rahmen wird die Heirat von bis zu vier Frauen erlaubt, und zwar von Waisen, die einem Mann ohnehin anvertraut waren. Das wird jedoch im selben Vers wieder relativiert, und die Heirat nur einer Frau angeraten – wobei die gleichzeitige zusätzliche Erlaubnis einer Sklavin noch weitere schwierige Interpretationsprobleme aufwirft. Die dafür genannte Begründung – nämlich das Problem der Gleichbehandlung – wird in einem anderen Vers der gleichen Sure eigens thematisiert:

[129] Und ihr werdet die Frauen nicht gleich behandeln können – wie sehr ihr auch darauf aus sein werdet.

Einige islamische Reformer haben daher Vers 3 als Votum für die Monogamie gedeutet und die erlaubte Höchstzahl von vier Frauen als eine Art Entgegenkommen an den mekkanischen Stamm der Koreisch, die mehr Frauen heiraten konnten. So schreibt z.B. der indische Gelehrte Yusuf Ali (1872-1953) im Kommentar zu seiner englischen Koranübersetzung:

Die uneingeschränkte Zahl von Frauen aus der „Zeit der Unwissenheit“ [d. h. der Zeit vor dem Islam, H. B.] wird hier streng auf maximal vier begrenzt, vorausgesetzt, man kann sie vollkommen gleich behandeln, sowohl materiell als auch im Hinblick auf die Zuneigung und immaterielle Belange. Da diese Bedingung aber sehr schwer zu erfüllen ist, verstehe ich die Empfehlung in Richtung auf die Einehe.

Das hier etwas ausführlicher besprochene Beispiel der Vielehe zeigt übrigens noch ein Problem der Interpretation der rechtlichen Bestimmungen im Koran. Sie stellen nämlich häufig nicht einfach die Einführung neuer Vorschriften dar, sondern korrigieren oder ergänzen bereits bestehende. Das damals in Arabien bestehende Recht in seiner ganzen Vielfalt ist heute jedoch nur noch teilweise rekonstruierbar. Daher gibt es für manche Stelle im Koran, deren kurze, ja oft geradezu lakonische Ausdrucksweise für Mohammeds Zeitgenossen vollkommen klar und ausreichend gewesen sein mag, heute mehr als eine plausible Deutung; auch die islamische Rechtstradition zeigt die Tendenz, sich nicht nur auf eine Deutung festzulegen.
Es gibt jedoch auch Rechtsvorschriften im Koran, die als eindeutig und unumstößlich gelten. ...

Dann habe ich nochmal geschaut, wie es denn in der Praxis, also in der geschichtlichen Realität gehandhabt wurde. Nun, da gibt es einiges zu bedenken: Schaut man in die heutige Zeit, wo es soziologische Untersuchungen und quantifizierende aus islamisch geprägten Ländern gibt, muss man damit rechnen, dass die westliche Vorstellung der Monogamie eventuell schon diese islamischen Gesellschaften so beeinflussten, dass man keine Rückschlüsse auf die gesamte islamische Geschichte treffen kann. Schaut man aber zuweit in die Geschichte zurück, gibt es gar keine Daten zur Demographie und die Zusammensetzung der Ehen. Im 19. Jahrhundert hingegen, gibt es einerseits schon punktuell brauchbare Daten, andererseits hat der Einfluss der westlichen Vorstellungen noch nicht so stark die islamische Gesellschaft durchdrungen. Im 19. Jahrhundert, als im Osmanischen Reich die Mehrehe noch erlaubt war, hatten die weit überwiegende Mehrheit der Männer eine monogame Ehe. In Istanbul gab es z.B. nur 2% der Männer (meist der Oberschicht) die mehr als eine Frau hatten. Woanders waren die Zahlen ähnlich, in einigen Städten wurden höchsten mal 16% Mehrehen erreicht, wie beispielsweise in Damaskus; also mindestens 84% waren wohl im Osmanischen Reich monogam. Und heute sollen es nach Mathias Rohe 2 -12% in der arabischen Welt sein.

Ich könnte wetten, dass etliche Menschen im Abendland dieses nicht gedacht hätten, sondern die Zahl höher eingeschätzt hätten, wird doch ihr Denken von einem Orientbild seit einigen Jahrhunderten geprägt, wo das Topos eines lüsternen, frivolen, geheimnisvollen Harems oft dazu gehört.

Wenn man in meinen Buchtipps im obigen Reiter dieses Blogs nach mehr Infos suchen würde, erhielte man weitere interessante Einblicke in die muslimische Koran-Exegese zur Mehrehe und manchmal auch eine historische oder eine gegenwärtige Darstellung.

Hier zwei Beispiele von Googlebooks-Seiten zur Polygamie:

Das islamische Recht: Geschichte und Gegenwart von Mathias Rohe

Der Islam in der Gegenwart herausgegeben von Werner Ende, Udo Steinbach, Renate Laut






(Bidlquelle: Wikimedia Commons)

4 Kommentare:

  1. im Westen gehen sehr Viele Männder Fremd, man muss sich nur mal all die Bordelle anschauen, der Islam bietet die Perfekte Lösung um das Problem zu lösen, ich finde es gut wenn man mehrehen führen kann, soll jeder selber entscheiden dürfen ob er mit 1 Frau leben möchte oder mehr.

    AntwortenLöschen
  2. Prostitution gibt und gab es auch in islamischen Ländern. Vielleicht nicht so viel und vor allem nicht so offensichtlich, aber durch Polygamie verschwand dieses auch nicht.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Die Bordelle in Deutschland und Europa sind voller muslimischer Männer........hab ich mal gehört

      Löschen
  3. Mein Vorbild ist Joe Darger.
    http://lovetimesthree.com/
    Lieben Gruß von Pollyboy aka polatinum aka Polat Kar aka Cooldaddy

    AntwortenLöschen

In den Kommentaren können HTML-Tags genutzt werden, z.B. für:
kursiv = <i>Testwort</i>
fett = <b>Testwort</b>
Links = <a href="http://www.deineURL.de/">Link Text</a>
usw. Einfach die o.g. Beispiele kopieren und mit den eigenen Werten ersetzen.